Papier: 2.3.3 Cloud Computing
Originalversion
1 | Beschreibung |
2 | Angesichts stetig steigender Datenvolumina und einer |
3 | wachsenden mobilen Nutzung von Daten stellt sich dem Nutzer |
4 | – sei es Privatperson oder Unternehmer – zunehmend die Frage |
5 | „Wohin mit den Daten, die anfallen?“ und „Wie kann ich |
6 | Datenverarbeitungsprozesse effizienter und kostengünstiger |
7 | machen?“. Als Lösung wird zunehmend das so genannte Cloud |
8 | Computing angeführt, übersetzt „Datenverarbeitung in der |
9 | Wolke“. |
10 | |
11 | Von Cloud Computing wird dann gesprochen, wenn eine oder |
12 | mehrere der IT-Dienstleistungen, wie Infrastruktur |
13 | (Rechenleistung, Hintergrundspeicher, etc.), Plattform oder |
14 | Anwendungssoftware aufeinander abgestimmt und nach |
15 | tatsächlicher Nutzung abrechenbar über ein Netz durch Dritte |
16 | bereitgestellt werden. Obwohl die Online-Speicherung von |
17 | Daten, Online-Adressbüchern oder Online-Kalendern oder etwa |
18 | die webbasierte Nutzung von E-Mail-Diensten bereits als |
19 | alltägliche Cloud-Anwendungen von vielen genutzt werden, |
20 | kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht davon |
21 | ausgegangen werden, dass der Begriff und die dahinter |
22 | liegende Technik des Cloud Computing geläufig sind. Es ist |
23 | davon auszugehen, dass sich das Cloud Computing in den |
24 | nächsten Jah-ren vor allem im Bereich der |
25 | Geschäftsanwendungen und der Serverkapazitäten immer weiter |
26 | etablieren wird. |
27 | |
28 | Angebotene Dienstleistungen im Cloud Computing können u. a. |
29 | bereitgestellter Speicher oder Rechenzeit sein, aber auch z. |
30 | B. komplette Datenverarbeitungsverfahren. Beim Cloud |
31 | Computing wird zum einen unterschieden nach der Art der |
32 | angebotenen Dienstleistung in der Cloud, und zwar zwischen |
33 | Software-as-a-Service (SaaS), Platform-as-a-Service (PaaS) |
34 | und Infrastructure-as-a-Service (Iaas). Zum anderen wird |
35 | nach der Beschaffenheit der Cloud zwischen Privaten und |
36 | Public Clouds unterschieden. Private Clouds sind vernetzte |
37 | Rechner, die alle unter der rechtlichen Verantwortung einer |
38 | einzigen Daten verarbeitenden Stelle stehen. Als Private |
39 | Clouds werden aber auch Rechnernetze von rechtlich |
40 | zueinander in einem engen Verhältnis stehenden Stellen |
41 | bezeichnet, z. B. Stellen der öffentlichen Verwaltung oder |
42 | eines Konzerns. |
43 | |
44 | Eine Public Cloud ist eine öffentliche Cloud, welche von |
45 | einer Vielzahl von Personen und Firmen genutzt werden kann. |
46 | Die Public Cloud ist nicht auf eine bestimmte Institution, |
47 | ein bestimmtes Unternehmen oder einen bestimmten |
48 | Personen-/Nutzerkreis beschränkt. Wesentliches Merkmal ist, |
49 | dass sie jedermann zugänglich ist und dass der Anwender |
50 | nicht mitbestimmen kann, mit welchen Anwendern er sich die |
51 | Nutzung einer Hardware teilt, also mit welchen anderen |
52 | virtuellen Maschinen seine virtuelle Maschine auf derselben |
53 | physischen Hardware läuft. Dabei wird die Rechenleistung |
54 | von „Dritten“ i. S. d. Datenschutzrechts (§ 3 Abs. 8, S. 2 |
55 | BDSG) angeboten. Zu den Anbietern solcher Public Clouds |
56 | gehören IT-Unternehmen, wie z. B. Google, Amazon, IBM, SAP |
57 | oder die Deutsche Telekom. Neben diesen beiden Formen |
58 | existiert auch eine Mischform von Public und Private Cloud, |
59 | die Hybrid Cloud, bei der eine Nutzung von eigenen und |
60 | fremden Ressourcen statt-findet. |
61 | |
62 | Eine der Besonderheiten des Cloud Computing liegt, je nach |
63 | Angebot, in der zumeist flexiblen und grenzüberschreitenden |
64 | Bereitstellung von Cloud Ressourcen durch eine Vielzahl von |
65 | Beteiligten. |
66 | |
67 | Offene Fragen im Bereich des Datenschutzes und der |
68 | Datensicherheit im Cloud Computing |
69 | |
70 | Die Auslagerung von Daten und Datenverarbeitung in die Cloud |
71 | wirft datenschutz- und datensicherheitsrelevante |
72 | Fragestellungen auf. Wenn Unternehmen ihre IT-Strukturen in |
73 | eine Cloud auslagern, wird der Umfang der Datensicherheit |
74 | und des Datenschutzes vom Anbieter der Cloud bestimmt. |
75 | |
76 | a) Datensicherheit |
77 | Das zentrale Problem hinsichtlich der Datensicherheit |
78 | besteht darin, die Integrität (Datenveränderungen können |
79 | erkannt werden) und Vertraulichkeit (nur Befugte können auf |
80 | Daten zugreifen) der Datenverarbeitung und die Verfügbarkeit |
81 | (Daten stehen in einem angemessenen Zeitraum zur Verfügung) |
82 | zu gewährleisten. Wie aktuell die Datensicherheit auf |
83 | Netzwerk- und Datenebene in der Cloud gewährleistet wird, |
84 | welche möglichen Probleme es gibt und inwieweit sich daraus |
85 | politischer Handlungsbedarf ergibt, sollte auf Grund des |
86 | Sachzusammenhangs von der Projektgruppe „Zugang, Struktur |
87 | und Sicherheit im Netz“ geprüft werden. |
88 | |
89 | b) Datenschutz |
90 | Bei manchen Formen des Cloud Computing stellen sich |
91 | besondere Herausforderungen, weil Rechtsgrundlagen wie |
92 | Auftragsdatenverarbeitung oder Übermittlung das Cloud |
93 | Computing nicht vollständig erfassen. Zudem werden damit |
94 | typische, bereits bekannte Probleme des Outsourcings nicht |
95 | nur potenziert, sondern sie gewinnen auch eine neue |
96 | Qualität. Im Hinblick auf Rechenprozesse kann nicht mehr mit |
97 | Bestimmtheit gesagt werden, auf welchen der oftmals weltweit |
98 | verbundenen Server und damit bei welchen Beteiligten konkret |
99 | welche Datenverarbeitungsprozesse vollzogen werden. |
100 | |
101 | Dies führt zu rechtlichen Unsicherheiten bei der Nutzung und |
102 | dem Betreiben entsprechender Angebote. |
103 | |
104 | Gerade im Fall eines grenzüberschreitend angelegten Cloud |
105 | Com-puting ergeben sich Fragen nach der Verantwortlichkeit |
106 | sowie den Zugriffsmöglichkeiten Dritter. Um die |
107 | Datenverarbeitung innerhalb der EU zu harmonisieren, wurde |
108 | die Europäische Datenschutz- Richtlinie (DSRL) geschaffen. |
109 | Da der Umstand einer grenzüberschreitenden Datenverarbeitung |
110 | innerhalb des europäischen Binnenmarktes kein rechtliches |
111 | Hindernis darstellen soll, dürfen gemäß Art. 1 Abs. 2 DSRL |
112 | personenbeziehbare Daten im gesamten Europäischen |
113 | Wirtschaftsraum (EWR) verarbeitet werden. Für eine |
114 | Anwendbarkeit nationalen Rechts kommt es gemäß Art. 4 Abs. |
115 | 1 a, b DSRL deshalb darauf an, in welchem Mitgliedstaat die |
116 | Daten verarbeitende Niederlassung ihren Sitz hat. Damit |
117 | auch Unternehmen, welche keine Niederlassung im Europäischen |
118 | Wirtschaftsraum haben, personenbezogene Daten verarbeiten |
119 | können, wurde in § 1 Abs. 5 S. 3 BDSG bestimmt, dass diese |
120 | Unternehmen einen Datenschutzbeauftragten innerhalb der EU |
121 | benennen, welcher dann für die Einhaltung der Richtlinien |
122 | verantwortlich ist. |
123 | |
124 | Hinsichtlich der Verantwortlichkeit legt die DSRL in Art. 2 |
125 | c fest, dass derjenige für den Datenschutz verantwortlich |
126 | ist, der die Verarbeitung angeordnet hat. Dies ist |
127 | grundsätzlich der Cloud-Nutzer und nicht der Anbieter. |
128 | |
129 | Insgesamt sind alle Datensätze, die nicht als |
130 | personenbeziehbar gelten (§ 3 Abs. 1 BDSG) zur Verarbeitung |
131 | in Clouds vollkommen unproblematisch. Datenschutzrelevant |
132 | ist die Form der Nutzung des Cloud Computing nach deutschem |
133 | Recht nur dann, wenn per-sonenbezogene Daten verarbeitet |
134 | werden (§ 3 BDSG). Da im Rah-men der Nutzung Cloud-basierter |
135 | Dienstleistungen oft personenbezogene Daten auf dem System |
136 | des Cloud-Anbieters gespeichert und auch verarbeitet werden |
137 | und bei grenzüberschreitenden Systemen auch auf |
138 | Speichermedien, die europa- bzw. sogar weltweit verteilt |
139 | sind, stellt sich die Frage nach der Behandlung dieser |
140 | Verlagerung der Daten in die Cloud. Aus rechtlicher Sicht |
141 | kann es sich um eine Auftragsdatenverarbeitung i. S. d. § |
142 | 11 BDSG handeln. Diese erfährt datenschutzrechtlich die |
143 | Grenzen ihrer Zulässigkeit zum einen dort, wo dem |
144 | Verantwortlichen (dem Nutzer der Cloud) durch den |
145 | Dienstleister keine Angaben über Art und Ort der |
146 | Verarbeitung und den Sicherungsmaßnahmen gemacht werden. Zum |
147 | anderen ist dies der Fall, wenn die datenverarbeitende |
148 | Stelle außerhalb Deutschlands, eines Mitgliedstaates der EU |
149 | oder des EWR liegt, in dem kein vergleichbares |
150 | Datenschutzniveau existiert. In diesem Fall handelt es sich |
151 | um eine Weitergabe an Dritte, wobei der Gesetzgeber |
152 | unterstellt, dass bei derartigen |
153 | Übermittlungskonstellationen besondere |
154 | persönlichkeitsrechtliche Risiken entstehen, weil von der |
155 | verant-wortlichen Stelle, vom Betroffenen oder von den |
156 | staatlichen Auf-sichtsbehörden keine hinreichende Kontrolle |
157 | der Datenverarbei-tung möglich ist. |
158 | |
159 | Hinzu kommt, dass die in § 11 Abs. 2 BDSG geforderte |
160 | „sorgfältige“ Auswahl des Auftragnehmers „unter besonderer |
161 | Berücksichtigung der Eignung der von ihm getroffenen |
162 | technischen und organisatorischen Maßnahmen“ in der Praxis |
163 | nur schwer einzuhalten ist, da u. a. der Auftragnehmer dem |
164 | Auftraggeber in der Regel nicht derart tiefgehende Einblicke |
165 | in seine IT-Struktur gewährt. |
166 | |
167 | Je nach verwendetem Angebot (beispielsweise Verteilung der |
168 | Daten auf mehrere weltweit verteilte Server) kann die |
169 | Verlagerung der Daten in die Cloud zu einer Erhöhung der |
170 | Gefahr von Zugriffsmöglichkeiten durch Dritte führen. |
171 | Wichtig ist daher, dass der früher selbst Datenverarbeitende |
172 | die Herrschaft über die Daten bewahrt und Kenntnis und |
173 | Einfluss über die ergriffenen Sicherungsmaßnahmen hat. |
174 | |
175 | Folgeproblem der Verlagerung und der Verteilung der Daten |
176 | auf europa- und weltweite Server ist eine erschwerte |
177 | Datenschutzkontrolle. Eine Datenschutzkontrolle durch die |
178 | Aufsichtsbehörden ist auf das jeweilige Landesterritorium |
179 | bzw. auf das Bundesterritorium begrenzt. Europaweit kann |
180 | gegenseitig eine Amtshilfe der Aufsichtsbehörden erfolgen. |
181 | Über das europäische Territorium hinaus sind koordinierte |
182 | oder gemeinsame Kontrollen in Clouds mit Drittauslandsbezug |
183 | praktisch nicht möglich. Dies eröffnet datenschutzrechtlich |
184 | verantwortlichen Stellen die Möglichkeit, sich |
185 | Da-tenschutzkontrollen zu entziehen, in dem gezielt Clouds |
186 | mit Drittlandsbezug genutzt werden. Daneben ist besonders |
187 | problematisch, wenn die Datenverarbeitung in Staaten |
188 | erfolgt, die nicht nur keinen ausreichenden Datenschutz |
189 | gewährleisten, sondern auch bewusst und gezielt gegen |
190 | Menschenrechte verstoßen und den Zugriff auf Daten in der |
191 | Cloud zu politischer Überwachung und Verfolgung benutzen. |
192 | |
193 | Der Ort, wo die Daten gespeichert und verarbeitet werden, |
194 | spielt also eine zentrale Rolle. Dies zeigt sich auch für |
195 | Daten, welche für Steuerzwecke benötigt werden. Diese dürfen |
196 | gem. § 146 Abs. 2 S. 1 Abgabenordnung (AO) nur im Inland |
197 | gespeichert werden. Auch hier stellt sich das Problem bei |
198 | länderübergreifenden Netzen und der Information, in welchem |
199 | Land die Daten gelagert und verarbeitet werden. Nach § 146 |
200 | Abs. 2 a AO kann die zuständige Finanzbehörde bewilligen, |
201 | dass die Finanzdokumente auch außerhalb der EU oder des EWR |
202 | archiviert werden. Auch hier könnten die |
203 | Steuerermittlungsbehörden vor Probleme gestellt werden, weil |
204 | nicht ohne weiteres ein Zugriff auf die Daten erfolgen |
205 | kann. |
206 | |
207 | Im Ergebnis ist festzuhalten, dass es noch offene |
208 | datenschutzrechtliche Fragen gibt, wenn personenbezogene |
209 | Daten in die Cloud verlagert werden. Dies kann die Nutzung, |
210 | aber auch die sich bietenden Möglichkeiten und Innovationen |
211 | des Cloud Computing einschränken. Bisher können |
212 | datenschutzrechtliche Erfordernisse nur durch besonders |
213 | umfangreiche und detaillierte Vertragsvereinbarungen |
214 | gewährleistet werden. Für die Ermittlung von Straftaten und |
215 | Ord-nungswidrigkeiten stellt die Speicherung von Daten in |
216 | der Cloud dann ein Problem dar, wenn durch die Art und den |
217 | Ort der Datenverarbeitung ein Zugriff für die |
218 | Ermittlungsbehörden nicht möglich ist. Im Inland stehen |
219 | Staatsanwaltschaften und auf Anordnung auch ihren |
220 | Ermittlungspersonen gemäß § 110 Abs. 3 StPO seit dem Jahr |
221 | 2008 entsprechende Befugnisse auf Durchsicht von |
222 | Speichermedien zu. |
Der Text verglichen mit der Originalversion
1 | Beschreibung |
2 | Angesichts stetig steigender Datenvolumina und einer |
3 | wachsenden mobilen Nutzung von Daten stellt sich dem Nutzer |
4 | – sei es Privatperson oder Unternehmer – zunehmend die Frage |
5 | „Wohin mit den Daten, die anfallen?“ und „Wie kann ich |
6 | Datenverarbeitungsprozesse effizienter und kostengünstiger |
7 | machen?“. Als Lösung wird zunehmend das so genannte Cloud |
8 | Computing angeführt, übersetzt „Datenverarbeitung in der |
9 | Wolke“. |
10 | |
11 | Von Cloud Computing wird dann gesprochen, wenn eine oder |
12 | mehrere der IT-Dienstleistungen, wie Infrastruktur |
13 | (Rechenleistung, Hintergrundspeicher, etc.), Plattform oder |
14 | Anwendungssoftware aufeinander abgestimmt und nach |
15 | tatsächlicher Nutzung abrechenbar über ein Netz durch Dritte |
16 | bereitgestellt werden. Obwohl die Online-Speicherung von |
17 | Daten, Online-Adressbüchern oder Online-Kalendern oder etwa |
18 | die webbasierte Nutzung von E-Mail-Diensten bereits als |
19 | alltägliche Cloud-Anwendungen von vielen genutzt werden, |
20 | kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht davon |
21 | ausgegangen werden, dass der Begriff und die dahinter |
22 | liegende Technik des Cloud Computing geläufig sind. Es ist |
23 | davon auszugehen, dass sich das Cloud Computing in den |
24 | nächsten Jah-ren vor allem im Bereich der |
25 | Geschäftsanwendungen und der Serverkapazitäten immer weiter |
26 | etablieren wird. |
27 | |
28 | Angebotene Dienstleistungen im Cloud Computing können u. a. |
29 | bereitgestellter Speicher oder Rechenzeit sein, aber auch z. |
30 | B. komplette Datenverarbeitungsverfahren. Beim Cloud |
31 | Computing wird zum einen unterschieden nach der Art der |
32 | angebotenen Dienstleistung in der Cloud, und zwar zwischen |
33 | Software-as-a-Service (SaaS), Platform-as-a-Service (PaaS) |
34 | und Infrastructure-as-a-Service (Iaas). Zum anderen wird |
35 | nach der Beschaffenheit der Cloud zwischen Privaten und |
36 | Public Clouds unterschieden. Private Clouds sind vernetzte |
37 | Rechner, die alle unter der rechtlichen Verantwortung einer |
38 | einzigen Daten verarbeitenden Stelle stehen. Als Private |
39 | Clouds werden aber auch Rechnernetze von rechtlich |
40 | zueinander in einem engen Verhältnis stehenden Stellen |
41 | bezeichnet, z. B. Stellen der öffentlichen Verwaltung oder |
42 | eines Konzerns. |
43 | |
44 | Eine Public Cloud ist eine öffentliche Cloud, welche von |
45 | einer Vielzahl von Personen und Firmen genutzt werden kann. |
46 | Die Public Cloud ist nicht auf eine bestimmte Institution, |
47 | ein bestimmtes Unternehmen oder einen bestimmten |
48 | Personen-/Nutzerkreis beschränkt. Wesentliches Merkmal ist, |
49 | dass sie jedermann zugänglich ist und dass der Anwender |
50 | nicht mitbestimmen kann, mit welchen Anwendern er sich die |
51 | Nutzung einer Hardware teilt, also mit welchen anderen |
52 | virtuellen Maschinen seine virtuelle Maschine auf derselben |
53 | physischen Hardware läuft. Dabei wird die Rechenleistung |
54 | von „Dritten“ i. S. d. Datenschutzrechts (§ 3 Abs. 8, S. 2 |
55 | BDSG) angeboten. Zu den Anbietern solcher Public Clouds |
56 | gehören IT-Unternehmen, wie z. B. Google, Amazon, IBM, SAP |
57 | oder die Deutsche Telekom. Neben diesen beiden Formen |
58 | existiert auch eine Mischform von Public und Private Cloud, |
59 | die Hybrid Cloud, bei der eine Nutzung von eigenen und |
60 | fremden Ressourcen statt-findet. |
61 | |
62 | Eine der Besonderheiten des Cloud Computing liegt, je nach |
63 | Angebot, in der zumeist flexiblen und grenzüberschreitenden |
64 | Bereitstellung von Cloud Ressourcen durch eine Vielzahl von |
65 | Beteiligten. |
66 | |
67 | Offene Fragen im Bereich des Datenschutzes und der |
68 | Datensicherheit im Cloud Computing |
69 | |
70 | Die Auslagerung von Daten und Datenverarbeitung in die Cloud |
71 | wirft datenschutz- und datensicherheitsrelevante |
72 | Fragestellungen auf. Wenn Unternehmen ihre IT-Strukturen in |
73 | eine Cloud auslagern, wird der Umfang der Datensicherheit |
74 | und des Datenschutzes vom Anbieter der Cloud bestimmt. |
75 | |
76 | a) Datensicherheit |
77 | Das zentrale Problem hinsichtlich der Datensicherheit |
78 | besteht darin, die Integrität (Datenveränderungen können |
79 | erkannt werden) und Vertraulichkeit (nur Befugte können auf |
80 | Daten zugreifen) der Datenverarbeitung und die Verfügbarkeit |
81 | (Daten stehen in einem angemessenen Zeitraum zur Verfügung) |
82 | zu gewährleisten. Wie aktuell die Datensicherheit auf |
83 | Netzwerk- und Datenebene in der Cloud gewährleistet wird, |
84 | welche möglichen Probleme es gibt und inwieweit sich daraus |
85 | politischer Handlungsbedarf ergibt, sollte auf Grund des |
86 | Sachzusammenhangs von der Projektgruppe „Zugang, Struktur |
87 | und Sicherheit im Netz“ geprüft werden. |
88 | |
89 | b) Datenschutz |
90 | Bei manchen Formen des Cloud Computing stellen sich |
91 | besondere Herausforderungen, weil Rechtsgrundlagen wie |
92 | Auftragsdatenverarbeitung oder Übermittlung das Cloud |
93 | Computing nicht vollständig erfassen. Zudem werden damit |
94 | typische, bereits bekannte Probleme des Outsourcings nicht |
95 | nur potenziert, sondern sie gewinnen auch eine neue |
96 | Qualität. Im Hinblick auf Rechenprozesse kann nicht mehr mit |
97 | Bestimmtheit gesagt werden, auf welchen der oftmals weltweit |
98 | verbundenen Server und damit bei welchen Beteiligten konkret |
99 | welche Datenverarbeitungsprozesse vollzogen werden. |
100 | |
101 | Dies führt zu rechtlichen Unsicherheiten bei der Nutzung und |
102 | dem Betreiben entsprechender Angebote. |
103 | |
104 | Gerade im Fall eines grenzüberschreitend angelegten Cloud |
105 | Com-puting ergeben sich Fragen nach der Verantwortlichkeit |
106 | sowie den Zugriffsmöglichkeiten Dritter. Um die |
107 | Datenverarbeitung innerhalb der EU zu harmonisieren, wurde |
108 | die Europäische Datenschutz- Richtlinie (DSRL) geschaffen. |
109 | Da der Umstand einer grenzüberschreitenden Datenverarbeitung |
110 | innerhalb des europäischen Binnenmarktes kein rechtliches |
111 | Hindernis darstellen soll, dürfen gemäß Art. 1 Abs. 2 DSRL |
112 | personenbeziehbare Daten im gesamten Europäischen |
113 | Wirtschaftsraum (EWR) verarbeitet werden. Für eine |
114 | Anwendbarkeit nationalen Rechts kommt es gemäß Art. 4 Abs. |
115 | 1 a, b DSRL deshalb darauf an, in welchem Mitgliedstaat die |
116 | Daten verarbeitende Niederlassung ihren Sitz hat. Damit |
117 | auch Unternehmen, welche keine Niederlassung im Europäischen |
118 | Wirtschaftsraum haben, personenbezogene Daten verarbeiten |
119 | können, wurde in § 1 Abs. 5 S. 3 BDSG bestimmt, dass diese |
120 | Unternehmen einen Datenschutzbeauftragten innerhalb der EU |
121 | benennen, welcher dann für die Einhaltung der Richtlinien |
122 | verantwortlich ist. |
123 | |
124 | Hinsichtlich der Verantwortlichkeit legt die DSRL in Art. 2 |
125 | c fest, dass derjenige für den Datenschutz verantwortlich |
126 | ist, der die Verarbeitung angeordnet hat. Dies ist |
127 | grundsätzlich der Cloud-Nutzer und nicht der Anbieter. |
128 | |
129 | Insgesamt sind alle Datensätze, die nicht als |
130 | personenbeziehbar gelten (§ 3 Abs. 1 BDSG) zur Verarbeitung |
131 | in Clouds vollkommen unproblematisch. Datenschutzrelevant |
132 | ist die Form der Nutzung des Cloud Computing nach deutschem |
133 | Recht nur dann, wenn per-sonenbezogene Daten verarbeitet |
134 | werden (§ 3 BDSG). Da im Rah-men der Nutzung Cloud-basierter |
135 | Dienstleistungen oft personenbezogene Daten auf dem System |
136 | des Cloud-Anbieters gespeichert und auch verarbeitet werden |
137 | und bei grenzüberschreitenden Systemen auch auf |
138 | Speichermedien, die europa- bzw. sogar weltweit verteilt |
139 | sind, stellt sich die Frage nach der Behandlung dieser |
140 | Verlagerung der Daten in die Cloud. Aus rechtlicher Sicht |
141 | kann es sich um eine Auftragsdatenverarbeitung i. S. d. § |
142 | 11 BDSG handeln. Diese erfährt datenschutzrechtlich die |
143 | Grenzen ihrer Zulässigkeit zum einen dort, wo dem |
144 | Verantwortlichen (dem Nutzer der Cloud) durch den |
145 | Dienstleister keine Angaben über Art und Ort der |
146 | Verarbeitung und den Sicherungsmaßnahmen gemacht werden. Zum |
147 | anderen ist dies der Fall, wenn die datenverarbeitende |
148 | Stelle außerhalb Deutschlands, eines Mitgliedstaates der EU |
149 | oder des EWR liegt, in dem kein vergleichbares |
150 | Datenschutzniveau existiert. In diesem Fall handelt es sich |
151 | um eine Weitergabe an Dritte, wobei der Gesetzgeber |
152 | unterstellt, dass bei derartigen |
153 | Übermittlungskonstellationen besondere |
154 | persönlichkeitsrechtliche Risiken entstehen, weil von der |
155 | verant-wortlichen Stelle, vom Betroffenen oder von den |
156 | staatlichen Auf-sichtsbehörden keine hinreichende Kontrolle |
157 | der Datenverarbei-tung möglich ist. |
158 | |
159 | Hinzu kommt, dass die in § 11 Abs. 2 BDSG geforderte |
160 | „sorgfältige“ Auswahl des Auftragnehmers „unter besonderer |
161 | Berücksichtigung der Eignung der von ihm getroffenen |
162 | technischen und organisatorischen Maßnahmen“ in der Praxis |
163 | nur schwer einzuhalten ist, da u. a. der Auftragnehmer dem |
164 | Auftraggeber in der Regel nicht derart tiefgehende Einblicke |
165 | in seine IT-Struktur gewährt. |
166 | |
167 | Je nach verwendetem Angebot (beispielsweise Verteilung der |
168 | Daten auf mehrere weltweit verteilte Server) kann die |
169 | Verlagerung der Daten in die Cloud zu einer Erhöhung der |
170 | Gefahr von Zugriffsmöglichkeiten durch Dritte führen. |
171 | Wichtig ist daher, dass der früher selbst Datenverarbeitende |
172 | die Herrschaft über die Daten bewahrt und Kenntnis und |
173 | Einfluss über die ergriffenen Sicherungsmaßnahmen hat. |
174 | |
175 | Folgeproblem der Verlagerung und der Verteilung der Daten |
176 | auf europa- und weltweite Server ist eine erschwerte |
177 | Datenschutzkontrolle. Eine Datenschutzkontrolle durch die |
178 | Aufsichtsbehörden ist auf das jeweilige Landesterritorium |
179 | bzw. auf das Bundesterritorium begrenzt. Europaweit kann |
180 | gegenseitig eine Amtshilfe der Aufsichtsbehörden erfolgen. |
181 | Über das europäische Territorium hinaus sind koordinierte |
182 | oder gemeinsame Kontrollen in Clouds mit Drittauslandsbezug |
183 | praktisch nicht möglich. Dies eröffnet datenschutzrechtlich |
184 | verantwortlichen Stellen die Möglichkeit, sich |
185 | Da-tenschutzkontrollen zu entziehen, in dem gezielt Clouds |
186 | mit Drittlandsbezug genutzt werden. Daneben ist besonders |
187 | problematisch, wenn die Datenverarbeitung in Staaten |
188 | erfolgt, die nicht nur keinen ausreichenden Datenschutz |
189 | gewährleisten, sondern auch bewusst und gezielt gegen |
190 | Menschenrechte verstoßen und den Zugriff auf Daten in der |
191 | Cloud zu politischer Überwachung und Verfolgung benutzen. |
192 | |
193 | Der Ort, wo die Daten gespeichert und verarbeitet werden, |
194 | spielt also eine zentrale Rolle. Dies zeigt sich auch für |
195 | Daten, welche für Steuerzwecke benötigt werden. Diese dürfen |
196 | gem. § 146 Abs. 2 S. 1 Abgabenordnung (AO) nur im Inland |
197 | gespeichert werden. Auch hier stellt sich das Problem bei |
198 | länderübergreifenden Netzen und der Information, in welchem |
199 | Land die Daten gelagert und verarbeitet werden. Nach § 146 |
200 | Abs. 2 a AO kann die zuständige Finanzbehörde bewilligen, |
201 | dass die Finanzdokumente auch außerhalb der EU oder des EWR |
202 | archiviert werden. Auch hier könnten die |
203 | Steuerermittlungsbehörden vor Probleme gestellt werden, weil |
204 | nicht ohne weiteres ein Zugriff auf die Daten erfolgen |
205 | kann. |
206 | |
207 | Im Ergebnis ist festzuhalten, dass es noch offene |
208 | datenschutzrechtliche Fragen gibt, wenn personenbezogene |
209 | Daten in die Cloud verlagert werden. Dies kann die Nutzung, |
210 | aber auch die sich bietenden Möglichkeiten und Innovationen |
211 | des Cloud Computing einschränken. Bisher können |
212 | datenschutzrechtliche Erfordernisse nur durch besonders |
213 | umfangreiche und detaillierte Vertragsvereinbarungen |
214 | gewährleistet werden. Für die Ermittlung von Straftaten und |
215 | Ord-nungswidrigkeiten stellt die Speicherung von Daten in |
216 | der Cloud dann ein Problem dar, wenn durch die Art und den |
217 | Ort der Datenverarbeitung ein Zugriff für die |
218 | Ermittlungsbehörden nicht möglich ist. Im Inland stehen |
219 | Staatsanwaltschaften und auf Anordnung auch ihren |
220 | Ermittlungspersonen gemäß § 110 Abs. 3 StPO seit dem Jahr |
221 | 2008 entsprechende Befugnisse auf Durchsicht von |
222 | Speichermedien zu. |
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