Papier: 2.1.2 Grundprinzipien des Datenschutzrechts

Originalversion

1 Erlaubnisvorbehalt
2
3
4 Ein zentraler Grundsatz des Datenschutzrechts lässt sich in
5 einem Satz wie folgt formulieren: Der Umgang mit
6 personenbezogenen Daten ist verboten, es sei denn, der
7 Betroffene willigt ein oder eine Rechtsnorm legitimiert ihn.
8 Dieser Grundsatz ist sowohl im Gemeinschaftsrecht (Art. 7
9 DSRL), als auch im nationalen allgemeinen (§ 4 Abs. 1 BDSG)
10 und bereichsspezifischen Datenschutzrecht (z. B. § 12 TMG)
11 normiert. Demnach bestimmt sich die Zulässigkeit eines jeden
12 einzelnen Datenverarbeitungsvorgangs danach, ob der
13 Betroffene den Vorgang erlaubt hat oder ob er sich auf einen
14 gesetzlichen Erlaubnistatbestand stützen lässt.
15
16 Die Einwilligung ist vor allem im nicht-öffentlichen
17 Bereich, neben den vertraglichen Legitimationen, von
18 erheblicher Bedeutung. Sie legitimiert einen
19 Datenverarbeitungsvorgang nur dann, wenn sie wirksam erteilt
20 wurde, wofür das Gesetz bestimmte Mindestanforderungen
21 vorsieht (vgl. § 4a BDSG oder auch Art. 7 lit. a) DSRL).
22 Nach nationalem Recht (§ 4a BDSG) ist eine Einwilligung nur
23 wirksam, wenn sie auf der freien Entscheidung des
24 Betroffenen beruht, also ohne Zwang erfolgt. Dies setzt
25 voraus, dass der Einzelne Bedeutung und Tragweite seiner
26 Entscheidung erkennen kann.
27
28 Die Einwilligung in die Datenerhebung oder –verarbeitung ist
29 daher nur dann zulässig, wenn die betreffende Person „ohne
30 jeden Zweifel ihre Einwilligung gegeben“ hat. Dies
31 impliziert, dass die Einwilligung informiert, aktiv und
32 freiwillig zu geschehen hat. Eine informierte Einwilligung
33 setzt Transparenz und Kenntnis voraus. Allein durch die
34 Nutzung einer Website kann keine aktive Einwilligung erteilt
35 werden. Auch das Beibehalten von Einstellungen von
36 Internetdiensten oder Browsern, die in der Voreinstellung
37 nicht „privacy by default“ vorsehen, genügt nicht der
38 Fiktion einer aktiven Einwilligung. Hier wird die Kenntnis
39 der möglichen Einstellungen und ihrer
40 Veränderungsmöglichkeiten vorausgesetzt, die jedoch weder
41 bei jedem Nutzer gleichermaßen gegeben noch von allen
42 Diensteanbietern gefördert wird.
43 An der Möglichkeit zu einer freien Entscheidung kann es
44 jedoch fehlen, wenn die Einwilligung in einer Situation
45 wirtschaftlicher oder sozialer Schwäche oder Unterordnung
46 erteilt wird oder wenn der Betroffene durch übermäßige
47 Anreize finanzieller oder sonstiger Natur zur Preisgabe
48 seiner Daten verleitet wird.
49 Es gibt Situationen, in denen sich die Vertragspartner
50 unterschiedlich stark gegenüberstehen. Für diese Fälle wird
51 diskutiert, inwieweit eine freiwillige Einwilligung in die
52 Datenerhebung vorliegt, insbesondere wenn Daten erhoben
53 werden, die für die Erbringung der Dienstleistung selbst
54 nicht benötigt werden. Für die Freiwilligkeit kann aber auch
55 von Bedeutung sein, ob ein anderes Angebot in zumutbarer
56 Weise zur Verfügung steht.
57
58 Außerdem muss der Betroffene nach § 4a BDSG auf den
59 vorgesehenen Zweck der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung
60 hingewiesen werden. Wenn die Situation es erfordert oder der
61 Betroffene es verlangt, muss er auch darüber informiert
62 werden, welche Folgen eine Verweigerung der Einwilligung
63 nach sich zieht. Das geltende Recht lässt für das Internet
64 die Möglichkeit einer elektronischen Einwilligung zu (§ 13
65 Abs. 2 TMG), die z. B. durch Ankreuzen einer Checkbox
66 erteilt werden kann.
67
68 Nach datenschutzrechtlichen Grundsätzen ist eine
69 Einwilligung also nur dann wirksam, wenn sie in Kenntnis der
70 entscheidungsrelevanten Umstände erteilt wird. Der
71 Betroffene muss auf der Grundlage der ihm vorliegenden
72 Informationen Bedeutung und Tragweite seiner Entscheidung
73 zur Datenfreigabe erkennen können. Im Hinblick auf die
74 spezifischen Bedingungen im digitalen Bereich ergeben sich
75 hier neue Herausforderungen.
76
77 Die Frage von Transparenz- und Informationspflichten stellt
78 sich in besonderem Maße. Auch Art und Weise der
79 Informationspraxis sind bestimmend dafür, in welchem Umfang
80 Bürgerinnen und Bürger bei Erteilung ihrer Einwilligung
81 einschätzen können, welche Daten zu welchem Zweck
82 gespeichert werden sollen.
83
84 Die Einwilligung kann bislang in unterschiedlicher Form
85 eingeholt werden („opt-in“ und „opt-out“ sowie
86 unterschiedliche Formulierungen). Dies erfordert eine
87 besondere Aufmerksamkeit und ein erhöhtes Textverständnis
88 der in der Regel in juristischer Sprache formulierten
89 Textpassagen. Eine informierte Einwilligung auf Grund
90 dieser, der Absicherung eines Unternehmens dienenden Texte,
91 ist auf Grund der Art des Textes und der gegebenen
92 Informationen daher für viele Menschen nur schwer möglich.
93 Gerade in der digitalen Welt gäbe es aber auch alternative
94 Formen, Informationen verständlich bereitzustellen.
95
96 Einwilligungen werden unbefristet erteilt. Eine echte
97 Transparenz und ein Überblick über die erteilten
98 Einwilligungen ist für die Nutzer angesichts der Vielzahl
99 der eingeforderten Einwilligungen nur schwer zu behalten.
100 Der Betreiber des Dienstes unterscheidet sich oftmals von
101 der datenverarbeitenden Stelle, eine Transparenz darüber,
102 welche Dienste bzw. Unternehmen welche Daten erhalten, ist
103 oftmals nicht vorhanden. In einer solchen Situation können
104 die Arbeitnehmer/Bürger/Nutzer ihre Informations-,
105 Widerrufs-, Korrektur- und Löschrechte nur unzureichend
106 geltend machen. Eine autonome Entscheidung über die
107 Preisgabe eigener Daten im Internet können Menschen dann
108 fällen, wenn sie Vor- und Nachteile ihrer Einwilligung
109 einschätzen und Handlungsalternativen erkennen können. Die
110 Medienkompetenz des Einzelnen trägt wesentlich dazu bei,
111 informierte Einwilligungen zu ermöglichen und zu befördern.
112 Diese kann aber nicht in gleicher Ausprägung von allen
113 Personen erwartet werden und kann nicht als Ersatz für
114 bedürfnisgerechtere Anforderungen an Transparenz,
115 Information und Einwilligung stehen.
116 Im öffentlichen Bereich erfolgt die Datenverarbeitung
117 personenbezogener Daten dagegen fast ausschließlich auf der
118 Grundlage gesetzlicher Erlaubnistatbestände, die den
119 verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen müssen.
120
121 Die erfolgreichen Verfassungsbeschwerden der letzten Jahre
122 zeigen allerdings, dass die verfassungsrechtlichen Vorgaben
123 bei der Gesetzgebung teilweise nicht eingehalten wurden.
124
125
126 Erforderlichkeitsgrundsatz
127
128 Der Erforderlichkeitsgrundsatz folgt aus dem
129 verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und ist
130 zudem in Art. 7 lit. b) bis f) DSRL festgeschrieben. Er
131 steht in engem Zusammenhang mit dem Grundsatz der
132 Zweckfestlegung und der Zweckbindung. Demnach ist der Umgang
133 mit personenbezogenen Daten auf das zum Erreichen des
134 angestrebten Zieles erforderliche Minimum zu beschränken.
135 Es sollen nur so viele Daten erhoben, verarbeitet oder
136 genutzt werden, wie zur Zweckerreichung unbedingt notwendig.
137 Für den öffentlichen Bereich ist der Grundsatz in §§ 13 bis
138 16 BDSG (insbesondere in den Abs. 1) normiert, wobei der
139 zulässige Zweck auf die öffentliche Aufgabenerfüllung
140 begrenzt ist. Der Erforderlichkeitsgrundsatz gilt aber auch
141 im nicht-öffentlichen Bereich, wo seine effektive
142 Verwirklichung durch eine möglichst genaue Zweckbestimmung
143 bedingt ist.
144
145
146 Zweckbindungsgrundsatz
147
148 Der Zweckbindungsgrundsatz besagt, dass die Daten, die für
149 einen bestimmten Zweck erhoben worden sind, auch nur zu
150 diesem Zweck verarbeitet oder genutzt werden dürfen. Der
151 Zweck der Datenerhebung begrenzt folglich den weiteren
152 Umgang mit den erhobenen Daten. Sie dürfen nur zu dem Zweck
153 weiter verwendet werden, der von der Einwilligung oder der
154 konkret legitimierenden Rechtsnorm erfasst ist. Das setzt
155 voraus, dass das Ziel der Datenverarbeitung und/oder
156 -nutzung bereits vor der Datenerhebung so genau wie möglich
157 bestimmt ist. Eine Speicherung auf Vorrat für künftige, noch
158 nicht bekannte Zwecke ist dagegen grundsätzlich unzulässig.
159 Vor allem im nicht-öffentlichen Bereich stößt die
160 Beibehaltung dieses Grundsatzes auf praktische Probleme. In
161 einer vernetzten Welt ist der Datenaustausch oftmals durch
162 Spontanität und gerade nicht durch eine vorherige Festlegung
163 des Verarbeitungszweckes bestimmt.
164
165
166 Transparenzgrundsatz
167
168 Die informationelle Selbstbestimmung setzt nach Auffassung
169 des Bundesverfassungsgerichts voraus, dass Bürger wissen und
170 grundsätzlich auch entscheiden können sollen, „wer was wann
171 und bei welcher Gelegenheit“ über sie weiß. Das setzt
172 wiederum voraus, dass Datenerhebungs-, -verarbeitungs- und
173 -nutzungsvorgänge transparent gestaltet werden. Zudem ist
174 der Transparenzgrundsatz die grundlegende Voraussetzung
175 dafür, dass Betroffene aktive Datenschutzrechte wahrnehmen
176 können. Transparenz wird in erster Linie durch den Grundsatz
177 der Direkterhebung verwirklicht, wonach die Daten
178 grundsätzlich beim Betroffenen zu erheben sind (§ 4 Abs. 2
179 S. 1, Abs. 3 BDSG), sodass er unmittelbar Kenntnis von dem
180 Vorgang erlangt. Nur unter engen Voraussetzungen darf die
181 Datenerhebung ohne Mitwirkung des Betroffenen erfolgen (§ 4
182 Abs. 2 S. 2 BDSG). Flankiert wird das Transparenzgebot durch
183 Auskunftsrechte und Informations-, Benachrichtigungs-,
184 Unterrichtungs-, Hinweis- und Aufklärungspflichten der
185 verantwortlichen Stelle.
186
187 Gerade im nicht-öffentlichen Bereich wissen oftmals viele
188 Bürgerinnen und Bürger nicht, wer eigentliche welche ihrer
189 Daten zu welchen Zwecken speichert und verwendet.
190
191 Prinzip der Datenvermeidung und Datensparsamkeit
192 Der Grundsatz der Datenvermeidung und Datensparsamkeit ist –
193 obwohl nicht durch die DSRL vorgegeben – in § 3a BDSG
194 normiert und besagt, dass so wenig personenbezogene Daten
195 wie möglich erhoben, verarbeitet oder genutzt werden sollen
196 und auch die Datenverarbeitungssysteme an diesem Ziel
197 auszurichten sind. Dabei handelt es sich um eine
198 Konkretisierung des Erforderlichkeitsgrundsatzes auf
199 technischer Ebene: Schon durch die entsprechende
200 Technikgestaltung soll das Recht auf informationelle
201 Selbstbestimmung präventiv geschützt werden. Da der
202 Grundsatz nicht sanktionsbewehrt ist, ist er – obwohl als
203 Rechtspflicht formuliert – eher als Programmsatz zu
204 verstehen.

Der Text verglichen mit der Originalversion

1 Erlaubnisvorbehalt
2
3
4 Ein zentraler Grundsatz des Datenschutzrechts lässt sich in
5 einem Satz wie folgt formulieren: Der Umgang mit
6 personenbezogenen Daten ist verboten, es sei denn, der
7 Betroffene willigt ein oder eine Rechtsnorm legitimiert ihn.
8 Dieser Grundsatz ist sowohl im Gemeinschaftsrecht (Art. 7
9 DSRL), als auch im nationalen allgemeinen (§ 4 Abs. 1 BDSG)
10 und bereichsspezifischen Datenschutzrecht (z. B. § 12 TMG)
11 normiert. Demnach bestimmt sich die Zulässigkeit eines jeden
12 einzelnen Datenverarbeitungsvorgangs danach, ob der
13 Betroffene den Vorgang erlaubt hat oder ob er sich auf einen
14 gesetzlichen Erlaubnistatbestand stützen lässt.
15
16 Die Einwilligung ist vor allem im nicht-öffentlichen
17 Bereich, neben den vertraglichen Legitimationen, von
18 erheblicher Bedeutung. Sie legitimiert einen
19 Datenverarbeitungsvorgang nur dann, wenn sie wirksam erteilt
20 wurde, wofür das Gesetz bestimmte Mindestanforderungen
21 vorsieht (vgl. § 4a BDSG oder auch Art. 7 lit. a) DSRL).
22 Nach nationalem Recht (§ 4a BDSG) ist eine Einwilligung nur
23 wirksam, wenn sie auf der freien Entscheidung des
24 Betroffenen beruht, also ohne Zwang erfolgt. Dies setzt
25 voraus, dass der Einzelne Bedeutung und Tragweite seiner
26 Entscheidung erkennen kann.
27
28 Die Einwilligung in die Datenerhebung oder –verarbeitung ist
29 daher nur dann zulässig, wenn die betreffende Person „ohne
30 jeden Zweifel ihre Einwilligung gegeben“ hat. Dies
31 impliziert, dass die Einwilligung informiert, aktiv und
32 freiwillig zu geschehen hat. Eine informierte Einwilligung
33 setzt Transparenz und Kenntnis voraus. Allein durch die
34 Nutzung einer Website kann keine aktive Einwilligung erteilt
35 werden. Auch das Beibehalten von Einstellungen von
36 Internetdiensten oder Browsern, die in der Voreinstellung
37 nicht „privacy by default“ vorsehen, genügt nicht der
38 Fiktion einer aktiven Einwilligung. Hier wird die Kenntnis
39 der möglichen Einstellungen und ihrer
40 Veränderungsmöglichkeiten vorausgesetzt, die jedoch weder
41 bei jedem Nutzer gleichermaßen gegeben noch von allen
42 Diensteanbietern gefördert wird.
43 An der Möglichkeit zu einer freien Entscheidung kann es
44 jedoch fehlen, wenn die Einwilligung in einer Situation
45 wirtschaftlicher oder sozialer Schwäche oder Unterordnung
46 erteilt wird oder wenn der Betroffene durch übermäßige
47 Anreize finanzieller oder sonstiger Natur zur Preisgabe
48 seiner Daten verleitet wird.
49 Es gibt Situationen, in denen sich die Vertragspartner
50 unterschiedlich stark gegenüberstehen. Für diese Fälle wird
51 diskutiert, inwieweit eine freiwillige Einwilligung in die
52 Datenerhebung vorliegt, insbesondere wenn Daten erhoben
53 werden, die für die Erbringung der Dienstleistung selbst
54 nicht benötigt werden. Für die Freiwilligkeit kann aber auch
55 von Bedeutung sein, ob ein anderes Angebot in zumutbarer
56 Weise zur Verfügung steht.
57
58 Außerdem muss der Betroffene nach § 4a BDSG auf den
59 vorgesehenen Zweck der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung
60 hingewiesen werden. Wenn die Situation es erfordert oder der
61 Betroffene es verlangt, muss er auch darüber informiert
62 werden, welche Folgen eine Verweigerung der Einwilligung
63 nach sich zieht. Das geltende Recht lässt für das Internet
64 die Möglichkeit einer elektronischen Einwilligung zu (§ 13
65 Abs. 2 TMG), die z. B. durch Ankreuzen einer Checkbox
66 erteilt werden kann.
67
68 Nach datenschutzrechtlichen Grundsätzen ist eine
69 Einwilligung also nur dann wirksam, wenn sie in Kenntnis der
70 entscheidungsrelevanten Umstände erteilt wird. Der
71 Betroffene muss auf der Grundlage der ihm vorliegenden
72 Informationen Bedeutung und Tragweite seiner Entscheidung
73 zur Datenfreigabe erkennen können. Im Hinblick auf die
74 spezifischen Bedingungen im digitalen Bereich ergeben sich
75 hier neue Herausforderungen.
76
77 Die Frage von Transparenz- und Informationspflichten stellt
78 sich in besonderem Maße. Auch Art und Weise der
79 Informationspraxis sind bestimmend dafür, in welchem Umfang
80 Bürgerinnen und Bürger bei Erteilung ihrer Einwilligung
81 einschätzen können, welche Daten zu welchem Zweck
82 gespeichert werden sollen.
83
84 Die Einwilligung kann bislang in unterschiedlicher Form
85 eingeholt werden („opt-in“ und „opt-out“ sowie
86 unterschiedliche Formulierungen). Dies erfordert eine
87 besondere Aufmerksamkeit und ein erhöhtes Textverständnis
88 der in der Regel in juristischer Sprache formulierten
89 Textpassagen. Eine informierte Einwilligung auf Grund
90 dieser, der Absicherung eines Unternehmens dienenden Texte,
91 ist auf Grund der Art des Textes und der gegebenen
92 Informationen daher für viele Menschen nur schwer möglich.
93 Gerade in der digitalen Welt gäbe es aber auch alternative
94 Formen, Informationen verständlich bereitzustellen.
95
96 Einwilligungen werden unbefristet erteilt. Eine echte
97 Transparenz und ein Überblick über die erteilten
98 Einwilligungen ist für die Nutzer angesichts der Vielzahl
99 der eingeforderten Einwilligungen nur schwer zu behalten.
100 Der Betreiber des Dienstes unterscheidet sich oftmals von
101 der datenverarbeitenden Stelle, eine Transparenz darüber,
102 welche Dienste bzw. Unternehmen welche Daten erhalten, ist
103 oftmals nicht vorhanden. In einer solchen Situation können
104 die Arbeitnehmer/Bürger/Nutzer ihre Informations-,
105 Widerrufs-, Korrektur- und Löschrechte nur unzureichend
106 geltend machen. Eine autonome Entscheidung über die
107 Preisgabe eigener Daten im Internet können Menschen dann
108 fällen, wenn sie Vor- und Nachteile ihrer Einwilligung
109 einschätzen und Handlungsalternativen erkennen können. Die
110 Medienkompetenz des Einzelnen trägt wesentlich dazu bei,
111 informierte Einwilligungen zu ermöglichen und zu befördern.
112 Diese kann aber nicht in gleicher Ausprägung von allen
113 Personen erwartet werden und kann nicht als Ersatz für
114 bedürfnisgerechtere Anforderungen an Transparenz,
115 Information und Einwilligung stehen.
116 Im öffentlichen Bereich erfolgt die Datenverarbeitung
117 personenbezogener Daten dagegen fast ausschließlich auf der
118 Grundlage gesetzlicher Erlaubnistatbestände, die den
119 verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen müssen.
120
121 Die erfolgreichen Verfassungsbeschwerden der letzten Jahre
122 zeigen allerdings, dass die verfassungsrechtlichen Vorgaben
123 bei der Gesetzgebung teilweise nicht eingehalten wurden.
124
125
126 Erforderlichkeitsgrundsatz
127
128 Der Erforderlichkeitsgrundsatz folgt aus dem
129 verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und ist
130 zudem in Art. 7 lit. b) bis f) DSRL festgeschrieben. Er
131 steht in engem Zusammenhang mit dem Grundsatz der
132 Zweckfestlegung und der Zweckbindung. Demnach ist der Umgang
133 mit personenbezogenen Daten auf das zum Erreichen des
134 angestrebten Zieles erforderliche Minimum zu beschränken.
135 Es sollen nur so viele Daten erhoben, verarbeitet oder
136 genutzt werden, wie zur Zweckerreichung unbedingt notwendig.
137 Für den öffentlichen Bereich ist der Grundsatz in §§ 13 bis
138 16 BDSG (insbesondere in den Abs. 1) normiert, wobei der
139 zulässige Zweck auf die öffentliche Aufgabenerfüllung
140 begrenzt ist. Der Erforderlichkeitsgrundsatz gilt aber auch
141 im nicht-öffentlichen Bereich, wo seine effektive
142 Verwirklichung durch eine möglichst genaue Zweckbestimmung
143 bedingt ist.
144
145
146 Zweckbindungsgrundsatz
147
148 Der Zweckbindungsgrundsatz besagt, dass die Daten, die für
149 einen bestimmten Zweck erhoben worden sind, auch nur zu
150 diesem Zweck verarbeitet oder genutzt werden dürfen. Der
151 Zweck der Datenerhebung begrenzt folglich den weiteren
152 Umgang mit den erhobenen Daten. Sie dürfen nur zu dem Zweck
153 weiter verwendet werden, der von der Einwilligung oder der
154 konkret legitimierenden Rechtsnorm erfasst ist. Das setzt
155 voraus, dass das Ziel der Datenverarbeitung und/oder
156 -nutzung bereits vor der Datenerhebung so genau wie möglich
157 bestimmt ist. Eine Speicherung auf Vorrat für künftige, noch
158 nicht bekannte Zwecke ist dagegen grundsätzlich unzulässig.
159 Vor allem im nicht-öffentlichen Bereich stößt die
160 Beibehaltung dieses Grundsatzes auf praktische Probleme. In
161 einer vernetzten Welt ist der Datenaustausch oftmals durch
162 Spontanität und gerade nicht durch eine vorherige Festlegung
163 des Verarbeitungszweckes bestimmt.
164
165
166 Transparenzgrundsatz
167
168 Die informationelle Selbstbestimmung setzt nach Auffassung
169 des Bundesverfassungsgerichts voraus, dass Bürger wissen und
170 grundsätzlich auch entscheiden können sollen, „wer was wann
171 und bei welcher Gelegenheit“ über sie weiß. Das setzt
172 wiederum voraus, dass Datenerhebungs-, -verarbeitungs- und
173 -nutzungsvorgänge transparent gestaltet werden. Zudem ist
174 der Transparenzgrundsatz die grundlegende Voraussetzung
175 dafür, dass Betroffene aktive Datenschutzrechte wahrnehmen
176 können. Transparenz wird in erster Linie durch den Grundsatz
177 der Direkterhebung verwirklicht, wonach die Daten
178 grundsätzlich beim Betroffenen zu erheben sind (§ 4 Abs. 2
179 S. 1, Abs. 3 BDSG), sodass er unmittelbar Kenntnis von dem
180 Vorgang erlangt. Nur unter engen Voraussetzungen darf die
181 Datenerhebung ohne Mitwirkung des Betroffenen erfolgen (§ 4
182 Abs. 2 S. 2 BDSG). Flankiert wird das Transparenzgebot durch
183 Auskunftsrechte und Informations-, Benachrichtigungs-,
184 Unterrichtungs-, Hinweis- und Aufklärungspflichten der
185 verantwortlichen Stelle.
186
187 Gerade im nicht-öffentlichen Bereich wissen oftmals viele
188 Bürgerinnen und Bürger nicht, wer eigentliche welche ihrer
189 Daten zu welchen Zwecken speichert und verwendet.
190
191 Prinzip der Datenvermeidung und Datensparsamkeit
192 Der Grundsatz der Datenvermeidung und Datensparsamkeit ist –
193 obwohl nicht durch die DSRL vorgegeben – in § 3a BDSG
194 normiert und besagt, dass so wenig personenbezogene Daten
195 wie möglich erhoben, verarbeitet oder genutzt werden sollen
196 und auch die Datenverarbeitungssysteme an diesem Ziel
197 auszurichten sind. Dabei handelt es sich um eine
198 Konkretisierung des Erforderlichkeitsgrundsatzes auf
199 technischer Ebene: Schon durch die entsprechende
200 Technikgestaltung soll das Recht auf informationelle
201 Selbstbestimmung präventiv geschützt werden. Da der
202 Grundsatz nicht sanktionsbewehrt ist, ist er – obwohl als
203 Rechtspflicht formuliert – eher als Programmsatz zu
204 verstehen.

Vorschlag

  1. Bewerten Sie die Original- und die eingebrachten Versionen eines Papiers, indem Sie über die Pfeile Ihre Zustimmung (hoch) oder Ablehnung (runter) ausdrücken. Sie können dabei auch mehreren Versionen zustimmen oder diese ablehnen.

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