Papier: 2.2.1.1 Einführung
Originalversion
1 | Das deutsche Datenschutzrecht beruht seit seinen Anfängen |
2 | auf einer Unterscheidung zwischen Datenschutz im Bereich |
3 | öffentli-cher Einrichtungen und dem Datenschutz bei nicht |
4 | öffentlichen Stellen, insbes. in der Privatwirtschaft. Diese |
5 | Differenzierung, die sich auch in der Struktur des |
6 | Bundesdatenschutzgesetzes niedergeschlagen hat, findet ihren |
7 | Ausgangspunkt in der Konzeption des Rechts auf |
8 | informationelle Selbstbestimmung als eines individuellen |
9 | Abwehrrechts gegenüber staatlichen Eingriffen. In diesem |
10 | Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass die |
11 | grundrechtlichen Grenzen für staatliche Datenverarbeitung |
12 | enger sind als im nichtöffentlichen Bereich. Die öffentliche |
13 | Gewalt wird durch die Grundrechte verpflichtet und kann sich |
14 | nicht auf eigene entgegenstehende Grundrechte berufen. |
15 | Zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Gefährdungen der |
16 | informationellen Selbstbestimmung besteht daher weiterhin |
17 | ein Unterschied. [Fußnote: vgl. auch Di Fabio, Udo, in : |
18 | Maunz/Dürig, Grundgesetz, Kommentar, 58. Ergänzungslieferung |
19 | 2010, Art. 2, Rn. 190.] Die Europäische |
20 | Datenschutzrichtlinie kennt diese Zweiteilung jedoch nicht. |
21 | Das deutsche Recht sieht derzeit zumindest teilweise eine |
22 | Gleichstellung öffentlicher und privater Datenverarbeitung |
23 | vor, etwa für Telemedien. [Fußnote: Vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 |
24 | TMG.] |
25 | |
26 | Da das Grundgesetz keine zentrale Kompetenznorm für die |
27 | Gesetzgebung im Bereich des Datenschutzes enthält, ergibt |
28 | sich die Zuständigkeit für die Gesetzgebung als Teil der |
29 | Regelungskompetenz für das jeweilige Verwaltungsverfahren |
30 | aus den Sachkompetenzen der Art. 73 und 74 GG. [Fußnote: |
31 | Kühling, Jürgen / Seidel, Christian / Siviridis, Anastasios: |
32 | Datenschutzrecht, 2008, S. 74.]Bundesgesetze können daher |
33 | den Datenschutz nur für Bereiche der Gesetzgebung des Bundes |
34 | regeln. Entsprechendes gilt für Landesgesetze. |
35 | |
36 | Neben der Unterscheidung datenschutzrechtlicher Bestimmungen |
37 | für den privaten und öffentlichen Bereich ergibt sich also |
38 | noch eine weitere Differenzierung zwischen bundes- und |
39 | landesrechtlichen Normen. Dieses Nebeneinander bundes- und |
40 | landesrechtlicher Vorschriften kennzeichnet besonders den |
41 | öffentlichen Bereich, da im privaten Bereich im Rahmen der |
42 | konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Nr. 11 |
43 | GG („Recht der Wirtschaft“) viele Bereiche - einschließlich |
44 | der jeweiligen datenschutzrechtlichen Aspekte - durch |
45 | Bundesgesetze geregelt sind, so dass für den privaten |
46 | Bereich wenig Regelungsmöglichkeiten für die Länder |
47 | verbleiben. [Fußnote: Kilian, Wolfgang / Weichert, Thilo, |
48 | in: Kilian/Heussen (Hrsg.),Computerrechts-Handbuch, 28. |
49 | Ergänzungslieferung, 2010, 1. Abschnitt, Teil 13, Punkt I., |
50 | Rn. 3.] |
51 | |
52 | Darüber hinaus sind in vielen Fallkonstellationen Fragen der |
53 | Spezialität und Subsidiarität von Normen zu beantworten. So |
54 | haben etwa nach § 1 Abs. 3 BDSG andere datenschutzrechtliche |
55 | Vorschriften des Bundes Vorrang vor dem BDSG. Vollziehen |
56 | Landesbehörden Bundesrecht, gelten auf Grund einer weiteren |
57 | Subsidiaritätsregelung (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 BDSG) statt des |
58 | BDSG die Landesdatenschutzgesetze, dies jedoch nur, soweit |
59 | das zu vollziehende Bundesrecht (z. B. SGB, StVG) keine |
60 | datenschutzrechtlichen Bestimmungen enthält. [Fußnote: |
61 | Bergmann, Lutz / Möhrle, Roland / Herb, Armin: |
62 | Datenschutzrecht, Stand April 2010, Ziff. 3.3.2.2.] Ganz |
63 | überwiegend gilt auch für die Landesdatenschutzgesetze der |
64 | Grundsatz der Subsidiarität gegenüber anderen |
65 | datenschutzrechtlichen Regelungen. [Fußnote: Gola, Peter / |
66 | Schomerus, Rudolf: BDSG, Kommentar, 2010, § 1, Rn. 33.] |
67 | Vielfach wird daher ein unübersehbares „Dickicht des |
68 | bereichspezifischen Datenschutzes“ [Fußnote: Bergmann, Lutz |
69 | / Möhrle, Roland / Herb, Armin: Datenschutzrecht, Stand |
70 | April 2010, Ziff. 4.1.2.]beklagt. Im Ergebnis hat dies dazu |
71 | geführt, dass im Bereich öffentlicher Einrichtungen das BDSG |
72 | nicht das zentrale Regelungsinstrument darstellt. [Fußnote: |
73 | Bergmann, Lutz / Möhrle, Roland / Herb, Armin: |
74 | Datenschutzrecht, Stand April 2010, Ziff. 3.2.7.] |
75 | |
76 | Die deutliche Unterscheidung zwischen Datenschutz im |
77 | öffentli-chem und privatem Bereich gilt auch für die |
78 | Organisation der Aufsicht und Kontrollorgane. Während |
79 | Bundes- und Landesdatenschutzbeauftragte die jeweilige |
80 | Kontrolle über Bundes- und Landesverwaltung ausüben, wird |
81 | die Kontrolle im privaten Bereich ausschließlich auf |
82 | Länderebene, teilweise durch die |
83 | Landesdatenschutzbeauftragten, teilweise durch gesonderte |
84 | Aufsichtsbehörden, ausgeübt. Gesonderte |
85 | Kontrolleinrichtungen gibt es im etwa Bereich der Kirchen |
86 | und öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten. |
87 | |
88 | Der Datenschutzaufsicht kommt für die Verwirklichung eines |
89 | effizienten Datenschutzes eine herausragende Rolle zu. |
90 | Stärkung der Aufsichtsbehörden bedeutet somit zugleich eine |
91 | Verbesserung des Datenschutzes. Vor dem Hintergrund der |
92 | jüngsten Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 9.3.2010 |
93 | C-518/07 [1]) ist es zwingend notwendig, die völlige |
94 | Unabhängigkeit der Datenschutzaufsicht zu gewährleisten. |
95 | Durch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs könnte |
96 | auch ein gesetzgeberisches Handeln auf Bundesebene |
97 | erforderlich sein. Ein entsprechender Auftrag zur Prüfung |
98 | ist bereits durch die fraktionsübergreifende Entschließung |
99 | vom 16.12.2010 erteilt worden. [Fußnote: BT-Drs. 17/4179, S. |
100 | 5.]Die europäische Datenschutzrichtlinie gibt vor, dass die |
101 | Datenschutzaufsicht rechtlich, organisatorisch und |
102 | finanziell unabhängig sein muss. Hierbei unterscheidet die |
103 | Richtlinie nicht zwischen öffentlichem und privatem Bereich. |
Der Text verglichen mit der Originalversion
1 | Das deutsche Datenschutzrecht beruht seit seinen Anfängen |
2 | auf einer Unterscheidung zwischen Datenschutz im Bereich |
3 | öffentli-cher Einrichtungen und dem Datenschutz bei nicht |
4 | öffentlichen Stellen, insbes. in der Privatwirtschaft. Diese |
5 | Differenzierung, die sich auch in der Struktur des |
6 | Bundesdatenschutzgesetzes niedergeschlagen hat, findet ihren |
7 | Ausgangspunkt in der Konzeption des Rechts auf |
8 | informationelle Selbstbestimmung als eines individuellen |
9 | Abwehrrechts gegenüber staatlichen Eingriffen. In diesem |
10 | Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass die |
11 | grundrechtlichen Grenzen für staatliche Datenverarbeitung |
12 | enger sind als im nichtöffentlichen Bereich. Die öffentliche |
13 | Gewalt wird durch die Grundrechte verpflichtet und kann sich |
14 | nicht auf eigene entgegenstehende Grundrechte berufen. |
15 | Zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Gefährdungen der |
16 | informationellen Selbstbestimmung besteht daher weiterhin |
17 | ein Unterschied. [Fußnote: vgl. auch Di Fabio, Udo, in : |
18 | Maunz/Dürig, Grundgesetz, Kommentar, 58. Ergänzungslieferung |
19 | 2010, Art. 2, Rn. 190.] Die Europäische |
20 | Datenschutzrichtlinie kennt diese Zweiteilung jedoch nicht. |
21 | Das deutsche Recht sieht derzeit zumindest teilweise eine |
22 | Gleichstellung öffentlicher und privater Datenverarbeitung |
23 | vor, etwa für Telemedien. [Fußnote: Vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 |
24 | TMG.] |
25 | |
26 | Da das Grundgesetz keine zentrale Kompetenznorm für die |
27 | Gesetzgebung im Bereich des Datenschutzes enthält, ergibt |
28 | sich die Zuständigkeit für die Gesetzgebung als Teil der |
29 | Regelungskompetenz für das jeweilige Verwaltungsverfahren |
30 | aus den Sachkompetenzen der Art. 73 und 74 GG. [Fußnote: |
31 | Kühling, Jürgen / Seidel, Christian / Siviridis, Anastasios: |
32 | Datenschutzrecht, 2008, S. 74.]Bundesgesetze können daher |
33 | den Datenschutz nur für Bereiche der Gesetzgebung des Bundes |
34 | regeln. Entsprechendes gilt für Landesgesetze. |
35 | |
36 | Neben der Unterscheidung datenschutzrechtlicher Bestimmungen |
37 | für den privaten und öffentlichen Bereich ergibt sich also |
38 | noch eine weitere Differenzierung zwischen bundes- und |
39 | landesrechtlichen Normen. Dieses Nebeneinander bundes- und |
40 | landesrechtlicher Vorschriften kennzeichnet besonders den |
41 | öffentlichen Bereich, da im privaten Bereich im Rahmen der |
42 | konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Nr. 11 |
43 | GG („Recht der Wirtschaft“) viele Bereiche - einschließlich |
44 | der jeweiligen datenschutzrechtlichen Aspekte - durch |
45 | Bundesgesetze geregelt sind, so dass für den privaten |
46 | Bereich wenig Regelungsmöglichkeiten für die Länder |
47 | verbleiben. [Fußnote: Kilian, Wolfgang / Weichert, Thilo, |
48 | in: Kilian/Heussen (Hrsg.),Computerrechts-Handbuch, 28. |
49 | Ergänzungslieferung, 2010, 1. Abschnitt, Teil 13, Punkt I., |
50 | Rn. 3.] |
51 | |
52 | Darüber hinaus sind in vielen Fallkonstellationen Fragen der |
53 | Spezialität und Subsidiarität von Normen zu beantworten. So |
54 | haben etwa nach § 1 Abs. 3 BDSG andere datenschutzrechtliche |
55 | Vorschriften des Bundes Vorrang vor dem BDSG. Vollziehen |
56 | Landesbehörden Bundesrecht, gelten auf Grund einer weiteren |
57 | Subsidiaritätsregelung (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 BDSG) statt des |
58 | BDSG die Landesdatenschutzgesetze, dies jedoch nur, soweit |
59 | das zu vollziehende Bundesrecht (z. B. SGB, StVG) keine |
60 | datenschutzrechtlichen Bestimmungen enthält. [Fußnote: |
61 | Bergmann, Lutz / Möhrle, Roland / Herb, Armin: |
62 | Datenschutzrecht, Stand April 2010, Ziff. 3.3.2.2.] Ganz |
63 | überwiegend gilt auch für die Landesdatenschutzgesetze der |
64 | Grundsatz der Subsidiarität gegenüber anderen |
65 | datenschutzrechtlichen Regelungen. [Fußnote: Gola, Peter / |
66 | Schomerus, Rudolf: BDSG, Kommentar, 2010, § 1, Rn. 33.] |
67 | Vielfach wird daher ein unübersehbares „Dickicht des |
68 | bereichspezifischen Datenschutzes“ [Fußnote: Bergmann, Lutz |
69 | / Möhrle, Roland / Herb, Armin: Datenschutzrecht, Stand |
70 | April 2010, Ziff. 4.1.2.]beklagt. Im Ergebnis hat dies dazu |
71 | geführt, dass im Bereich öffentlicher Einrichtungen das BDSG |
72 | nicht das zentrale Regelungsinstrument darstellt. [Fußnote: |
73 | Bergmann, Lutz / Möhrle, Roland / Herb, Armin: |
74 | Datenschutzrecht, Stand April 2010, Ziff. 3.2.7.] |
75 | |
76 | Die deutliche Unterscheidung zwischen Datenschutz im |
77 | öffentli-chem und privatem Bereich gilt auch für die |
78 | Organisation der Aufsicht und Kontrollorgane. Während |
79 | Bundes- und Landesdatenschutzbeauftragte die jeweilige |
80 | Kontrolle über Bundes- und Landesverwaltung ausüben, wird |
81 | die Kontrolle im privaten Bereich ausschließlich auf |
82 | Länderebene, teilweise durch die |
83 | Landesdatenschutzbeauftragten, teilweise durch gesonderte |
84 | Aufsichtsbehörden, ausgeübt. Gesonderte |
85 | Kontrolleinrichtungen gibt es im etwa Bereich der Kirchen |
86 | und öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten. |
87 | |
88 | Der Datenschutzaufsicht kommt für die Verwirklichung eines |
89 | effizienten Datenschutzes eine herausragende Rolle zu. |
90 | Stärkung der Aufsichtsbehörden bedeutet somit zugleich eine |
91 | Verbesserung des Datenschutzes. Vor dem Hintergrund der |
92 | jüngsten Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 9.3.2010 |
93 | C-518/07 [1]) ist es zwingend notwendig, die völlige |
94 | Unabhängigkeit der Datenschutzaufsicht zu gewährleisten. |
95 | Durch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs könnte |
96 | auch ein gesetzgeberisches Handeln auf Bundesebene |
97 | erforderlich sein. Ein entsprechender Auftrag zur Prüfung |
98 | ist bereits durch die fraktionsübergreifende Entschließung |
99 | vom 16.12.2010 erteilt worden. [Fußnote: BT-Drs. 17/4179, S. |
100 | 5.]Die europäische Datenschutzrichtlinie gibt vor, dass die |
101 | Datenschutzaufsicht rechtlich, organisatorisch und |
102 | finanziell unabhängig sein muss. Hierbei unterscheidet die |
103 | Richtlinie nicht zwischen öffentlichem und privatem Bereich. |
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