Papier: 2.1.9 Die Grenzen des nationalen Datenschutzes
Originalversion
1 | Die Regeln der Datenerhebung und –verarbeitung bei |
2 | Dienstleistungen, die sich an Bürger der Europäischen Union |
3 | wenden, bestimmen sich nach dem europäischen oder darüber |
4 | hinausgehenden nationalen Recht. Die Richtlinie 95/46/EG |
5 | (Datenschutzrichtlinie) verbietet es grundsätzlich, |
6 | personenbezogene Daten aus EG-Mitgliedsstaaten in Staaten zu |
7 | übertragen, die über kein dem EG-Recht vergleichbares |
8 | Datenschutzniveau verfügen. Sie stellt allerdings eine |
9 | Anzahl von Instrumenten zur Verfügung, die ein angemessenes |
10 | Datenschutzniveau bei der Datenübermittlung in Drittstaaten |
11 | sicherstellen sollen. Gegenwärtig erfolgt eine grundlegende |
12 | Revision der Datenschutzrichtlinie, die auf Verbesserungen |
13 | des Datenschutzes auch in diesem Bereich abzielt. |
14 | |
15 | Die seit 2000 existierende Vereinbarung „Safe Harbor“ soll |
16 | ein angemessenes Datenschutzniveau bei US-amerikanischen |
17 | Unternehmen sicherstellen, indem sich Unternehmen auf die in |
18 | der Safe Harbor-Vereinbarung vorgegebenen Grundsätze |
19 | verpflichten. |
20 | |
21 | In einem Beschluss vom April 2010 hat der Düsseldorfer Kreis |
22 | die Anforderungen an die Nachweise und auch an deutsche |
23 | Unternehmen, die an nicht-EU Unternehmen Daten übermitteln, |
24 | verstärkt. [Fußnote: „Solange eine flächendeckende Kontrolle |
25 | der Selbstzertifizierungen US-amerikanischer Unternehmen |
26 | durch die Kontrollbehörden in Europa und den USA nicht |
27 | gewährleistet ist, trifft auch die Unternehmen in |
28 | Deutschland eine Verpflichtung, gewisse Mindestkriterien zu |
29 | prüfen, bevor sie personenbezogene Daten an ein auf der Safe |
30 | Harbor-Liste geführtes US- Unternehmen übermitteln.“] |
31 | |
32 | Dem Grunde nach existieren Vorschriften, die europäische |
33 | Bürger und Verbraucher schützen. Durch die offenbar |
34 | mangelnde Durchsetzung der Sondervereinbarung mit den USA |
35 | wurden diese Rechte allerdings geschwächt. Derzeit befindet |
36 | sich die EU-Kommission (DG Justice) in Verhandlungen mit den |
37 | USA über ein sogenanntes Allgemeines Datenschutzabkommen, |
38 | das neben Safe Harbor treten soll und insbesondere nach dem |
39 | Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon und der damit den |
40 | EU-Institutionen zugewachsenen Mitzuständigkeit für Fragen |
41 | der justiziellen und polizeilichen Zusammenarbeit auch nach |
42 | außen eine Rolle spielt. |
43 | |
44 | Ziel dieser Verhandlungen muss die Anwendbarkeit und |
45 | Durchsetzbarkeit des europäischen Datenschutzrechts sein. |
46 | Dabei wird u. a. ein Geschäftssitz in Europa als Bedingung |
47 | für die Erhebung und Verarbeitung von Daten diskutiert. |
48 | |
49 | Gegenwärtig gilt nach dem Bundesdatenschutzgesetz das |
50 | Sitzlandprinzip. Danach kommt dasjenige Recht zur Anwendung, |
51 | das am Sitz des für die Entscheidung über die |
52 | Datenverarbeitung Verantwortlichen gilt. Damit wird ein |
53 | harmonisierter EWR-Rechtsraum begründet. Eine Ausnahme |
54 | bilden Verarbeitungen, bei denen noch eine Niederlassung im |
55 | Inland besteht, so dass nationales Datenschutzrecht zur |
56 | Anwendung kommt. Eine weitere Ausnahme vom Sitzlandprinzip |
57 | bilden Verarbeitungen, bei denen Verantwortliche außerhalb |
58 | des EWR-Raumes befindlich sind. So gilt beispielsweise mit |
59 | Blick auf US-amerikanische Unternehmen das |
60 | Territorialitätsprinzip und damit grundsätzlich |
61 | bundesdeutsches Recht, so dass es auf den Ort der |
62 | Datenverarbeitung bzw. auf die Frage ankommt, ob sich |
63 | automatisierte Mittel zur Datenerhebung räumlich gesehen in |
64 | Deutschland befinden. Genau diese Verräumlichung als |
65 | Anknüpfungspunkt birgt mit Blick auf reine |
66 | Webinhaltsangebote Probleme. So wird die Anwendbarkeit |
67 | bundesdeutschen Rechts auf bestimmte Facebook-Bestandteile |
68 | etwa dann bejaht, wenn es sich um eine Datenverarbeitung |
69 | handelt, bei der ein sog. cookie auf dem Programm der |
70 | Internetnutzer platziert wird, weil dessen privater Rechner |
71 | im Inland belegen ist. Für andere Angebote ohne Verwendung |
72 | dieser Technologie hingegen wird – zumindest von Teilen der |
73 | Aufsichtsbehörden - von einer fehlenden Anwendbarkeit |
74 | mangels Inlandsbezuges der Datenverarbeitung ausgegangen. |
75 | Die „Verhandlungen“ des Hamburgischen |
76 | Datenschutzbeauftragten mit Google und Facebook sind nur vor |
77 | diesem Hintergrund nachvollziehbar. Handelte es sich um |
78 | einen unproblematischen Fall, wären verwaltungsrechtliche |
79 | Anordungen ergangen. |
80 | |
81 | Auf europäischer und weltweiter Ebene muss die |
82 | Bundesrepublik Deutschland ihrer Verantwortung als führender |
83 | Wirtschaftsnation gerecht werden und für einen ausgeprägten |
84 | Datenschutz streiten. Die Praxis global agierender |
85 | Internetunternehmen erfordert ein abgestimmtes Vorgehen über |
86 | die Grenzen des Nationalstaates hinaus. Bei internationalen |
87 | Ausformulierungen von Datenschutzvorgaben sollte jeweils das |
88 | höchste beteiligte Datenschutzniveau Grundlage sein. |
Der Text verglichen mit der Originalversion
1 | Die Regeln der Datenerhebung und –verarbeitung bei |
2 | Dienstleistungen, die sich an Bürger der Europäischen Union |
3 | wenden, bestimmen sich nach dem europäischen oder darüber |
4 | hinausgehenden nationalen Recht. Die Richtlinie 95/46/EG |
5 | (Datenschutzrichtlinie) verbietet es grundsätzlich, |
6 | personenbezogene Daten aus EG-Mitgliedsstaaten in Staaten zu |
7 | übertragen, die über kein dem EG-Recht vergleichbares |
8 | Datenschutzniveau verfügen. Sie stellt allerdings eine |
9 | Anzahl von Instrumenten zur Verfügung, die ein angemessenes |
10 | Datenschutzniveau bei der Datenübermittlung in Drittstaaten |
11 | sicherstellen sollen. Gegenwärtig erfolgt eine grundlegende |
12 | Revision der Datenschutzrichtlinie, die auf Verbesserungen |
13 | des Datenschutzes auch in diesem Bereich abzielt. |
14 | |
15 | Die seit 2000 existierende Vereinbarung „Safe Harbor“ soll |
16 | ein angemessenes Datenschutzniveau bei US-amerikanischen |
17 | Unternehmen sicherstellen, indem sich Unternehmen auf die in |
18 | der Safe Harbor-Vereinbarung vorgegebenen Grundsätze |
19 | verpflichten. |
20 | |
21 | In einem Beschluss vom April 2010 hat der Düsseldorfer Kreis |
22 | die Anforderungen an die Nachweise und auch an deutsche |
23 | Unternehmen, die an nicht-EU Unternehmen Daten übermitteln, |
24 | verstärkt. [Fußnote: „Solange eine flächendeckende Kontrolle |
25 | der Selbstzertifizierungen US-amerikanischer Unternehmen |
26 | durch die Kontrollbehörden in Europa und den USA nicht |
27 | gewährleistet ist, trifft auch die Unternehmen in |
28 | Deutschland eine Verpflichtung, gewisse Mindestkriterien zu |
29 | prüfen, bevor sie personenbezogene Daten an ein auf der Safe |
30 | Harbor-Liste geführtes US- Unternehmen übermitteln.“] |
31 | |
32 | Dem Grunde nach existieren Vorschriften, die europäische |
33 | Bürger und Verbraucher schützen. Durch die offenbar |
34 | mangelnde Durchsetzung der Sondervereinbarung mit den USA |
35 | wurden diese Rechte allerdings geschwächt. Derzeit befindet |
36 | sich die EU-Kommission (DG Justice) in Verhandlungen mit den |
37 | USA über ein sogenanntes Allgemeines Datenschutzabkommen, |
38 | das neben Safe Harbor treten soll und insbesondere nach dem |
39 | Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon und der damit den |
40 | EU-Institutionen zugewachsenen Mitzuständigkeit für Fragen |
41 | der justiziellen und polizeilichen Zusammenarbeit auch nach |
42 | außen eine Rolle spielt. |
43 | |
44 | Ziel dieser Verhandlungen muss die Anwendbarkeit und |
45 | Durchsetzbarkeit des europäischen Datenschutzrechts sein. |
46 | Dabei wird u. a. ein Geschäftssitz in Europa als Bedingung |
47 | für die Erhebung und Verarbeitung von Daten diskutiert. |
48 | |
49 | Gegenwärtig gilt nach dem Bundesdatenschutzgesetz das |
50 | Sitzlandprinzip. Danach kommt dasjenige Recht zur Anwendung, |
51 | das am Sitz des für die Entscheidung über die |
52 | Datenverarbeitung Verantwortlichen gilt. Damit wird ein |
53 | harmonisierter EWR-Rechtsraum begründet. Eine Ausnahme |
54 | bilden Verarbeitungen, bei denen noch eine Niederlassung im |
55 | Inland besteht, so dass nationales Datenschutzrecht zur |
56 | Anwendung kommt. Eine weitere Ausnahme vom Sitzlandprinzip |
57 | bilden Verarbeitungen, bei denen Verantwortliche außerhalb |
58 | des EWR-Raumes befindlich sind. So gilt beispielsweise mit |
59 | Blick auf US-amerikanische Unternehmen das |
60 | Territorialitätsprinzip und damit grundsätzlich |
61 | bundesdeutsches Recht, so dass es auf den Ort der |
62 | Datenverarbeitung bzw. auf die Frage ankommt, ob sich |
63 | automatisierte Mittel zur Datenerhebung räumlich gesehen in |
64 | Deutschland befinden. Genau diese Verräumlichung als |
65 | Anknüpfungspunkt birgt mit Blick auf reine |
66 | Webinhaltsangebote Probleme. So wird die Anwendbarkeit |
67 | bundesdeutschen Rechts auf bestimmte Facebook-Bestandteile |
68 | etwa dann bejaht, wenn es sich um eine Datenverarbeitung |
69 | handelt, bei der ein sog. cookie auf dem Programm der |
70 | Internetnutzer platziert wird, weil dessen privater Rechner |
71 | im Inland belegen ist. Für andere Angebote ohne Verwendung |
72 | dieser Technologie hingegen wird – zumindest von Teilen der |
73 | Aufsichtsbehörden - von einer fehlenden Anwendbarkeit |
74 | mangels Inlandsbezuges der Datenverarbeitung ausgegangen. |
75 | Die „Verhandlungen“ des Hamburgischen |
76 | Datenschutzbeauftragten mit Google und Facebook sind nur vor |
77 | diesem Hintergrund nachvollziehbar. Handelte es sich um |
78 | einen unproblematischen Fall, wären verwaltungsrechtliche |
79 | Anordungen ergangen. |
80 | |
81 | Auf europäischer und weltweiter Ebene muss die |
82 | Bundesrepublik Deutschland ihrer Verantwortung als führender |
83 | Wirtschaftsnation gerecht werden und für einen ausgeprägten |
84 | Datenschutz streiten. Die Praxis global agierender |
85 | Internetunternehmen erfordert ein abgestimmtes Vorgehen über |
86 | die Grenzen des Nationalstaates hinaus. Bei internationalen |
87 | Ausformulierungen von Datenschutzvorgaben sollte jeweils das |
88 | höchste beteiligte Datenschutzniveau Grundlage sein. |
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