2.3.4 „Verfallsdaten“ im Internet, regelmäßig erneuerbare Zustimmungspflicht

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  • 2.3.4 „Verfallsdaten“ im Internet, regelmäßig erneuerbare Zustimmungspflicht (Originalversion)

    von EnqueteBuero, angelegt
    1 Im Kontext des Internets bereitet die Rückgängigmachung
    2 einer einmal gewollten Datennutzung oder auch
    3 Datenveröffentlichung bei geänderter Einschätzung besondere
    4 Schwierigkeiten.
    5 Schwierig stellt sich die Lage bei veröffentlichten Daten
    6 dar. Auf-grund der einfachen Vervielfältigung digitaler
    7 Daten im Internet ist auf Grund der technischen
    8 Gegebenheiten davon auszugehen, dass einmal veröffentlichte
    9 Daten nicht mehr „zurückzuholen“ sind. Selbst wenn es
    10 gelingt, die weitere Verwendung bzw. Veröffentlichung an
    11 einer bestimmten Stelle zu unterbinden, ist bei Daten
    12 anzunehmen, dass sie an anderer Stelle bereits dupliziert
    13 wurden.
    14
    15 Seit einigen Jahren wird mit zunehmender Bedeutung des
    16 Internets auch die Diskussion über ein „Recht auf Vergessen
    17 an den eigenen Daten“ geführt. Allerdings sind die hierfür
    18 in der Diskussion verwendeten Begrifflichkeiten noch sehr
    19 unterschiedlich. So wird neben dem „Recht auf Vergessen“
    20 [Fußnote: Viktor Mayer-Schönberger, Delete: The Virtue of
    21 Forgetting in the Digital Age; Jeffrey Rosen, The Web means
    22 the End of Forgetting, 21.07.2010, The New York Times],
    23 beispielsweise auch vom „programmierten Vergessen“ [Bull,
    24 NVwZ 2011, 257 (260)], Verfallsdaten oder dem „digitalen
    25 Radiergummi“ [BM Dr. Thomas de Maizière MdB, Rede zu den
    26 Grundlagen für eine gemeinsame Netzpolitik der Zukunft,
    27 Berlin, 22.06.2010] gesprochen. Die unterschiedlich
    28 verwendeten Terminologien haben teilweise nicht nur
    29 unterschiedliche Argu-mentationsansätze, sondern auch eine
    30 sehr unterschiedliche Reichweite. Auch wenn sie daher nicht
    31 vollständig als Synonym für das Recht auf Vergessen
    32 verwendet werden sollten, haben sie einen gemeinsamen
    33 Kerngedanken. Demnach soll der Nutzer des Internets mit
    34 Hilfe einer oder mehrerer technischen Lösungen, selbst
    35 darüber bestimmen können, wie lange seine personenbezo-genen
    36 Daten im Internet gespeichert bleiben sollen bzw. nach
    37 welcher Zeit, der „menschliche Vorgang“ des Vergessens
    38 beginnen soll. Er kann im Idealfall bereits mit dem
    39 Einstellen der personenbezogenen Daten festlegen, dass eine
    40 (vollständige) Löschung der Daten an einem zuvor bestimmten
    41 Datum in der Zukunft erfolgen soll. Aufgrund der nahezu
    42 unbegrenzten Speicher- und Vervielfältigungsmöglichkeiten
    43 des Internets stellt dies die bisherigen technischen
    44 Gegebenheiten vor besondere Anforderungen.
    45
    46 Bereits jetzt existieren einzelne webbasierte Anwendungen,
    47 die dem Nutzer die Abrufbarkeit der Daten zeitlich
    48 begrenzen ermöglichen sollen. Allerdings fehlt es bisher an
    49 einer Gesamtlösung für alle Bereiche des Internets und
    50 insbesondere für die besonders datenintensiven sozialen
    51 Netzwerke. Erste technische Ansätze hierfür wurden bereits
    52 vor zwei Jahren in den USA entwickelt. Die University of
    53 Washington programmierte eine entsprechende Technik für den
    54 Verfall der eigenen personenbezogenen Daten, die auch auf
    55 soziale Netzwerke angewendet werden kann.
    56 [http://uwnews.org/article.asp?articleID=50973] Die
    57 Universität des Saarlandes stellte im vergangenen Jahr ein
    58 vergleichbares Produkt vor. [Fußnote:
    59 http://www.infsec.cs.uni-saarland.de/projects/forgetful-inte
    60 rnet/] Beide Techniken stehen jedoch noch am Anfang der
    61 Entwicklung und verhindern keines-wegs die Möglichkeit der
    62 Vervielfältigung von eingestellten personenbezogenen Daten
    63 (insbesondere Bildern). Ein Recht auf Vergessen kann somit
    64 aus technischer Sicht zum jetzigen Zeitpunkt nicht
    65 durchgesetzt oder gewährleistet werden.
    66
    67 ----------------------------------
    68 streitig Anfang
    69 ----------------------------------
    70
    71 Allerdings ist die Technik einem permanenten Wandel
    72 unterworfen. Im Rahmen der Technologie-Förderung durch das
    73 Bundeswirtschaftsministerium könnten beispielsweise gezielt
    74 Pro-jekte gefördert werden, welche auf die Entwicklung von
    75 Daten-schutz-Techniken abzielen. Da die Erhebung und
    76 Speicherung privater Daten für viele Unternehmen
    77 mittlerweile einen festen Bestandteil ihres Geschäftsmodells
    78 darstellt, hat die private Wirt-schaft verständlicherweise
    79 bislang kaum ein Interesse an der Ent-wicklung derartiger
    80 Techniken gehabt. So man ein „Recht auf Vergessen“ für
    81 politisch sinnvoll und wünschenswert hält, hätte die Politik
    82 jedoch die Möglichkeit, entsprechende Anreize zu setzen.
    83
    84 Bereits heute gibt es Techniken, die in eine ähnliche
    85 Richtung wei-sen. Etwa ist eine zeitlich begrenzte Ver- und
    86 Entschlüsselung von Daten möglich, wenn diese nicht bei dem
    87 jeweiligen Anbieter, sondern bei spezialisierten Trust
    88 Centren abgelegt werden. Daten, die von Nutzern freiwillig
    89 zur Verfügung gestellt werden, können also jeweils beim
    90 Abruf entschlüsselt werden – so lange, bis eine dafür
    91 festgelegte Befristung abläuft. Entscheidend für die
    92 technische Funktionalität sind dabei sogenannte sticky
    93 policies, die festlegen, welche Metadaten zusammen mit den
    94 Nutzdaten gespeichert und übertragen werden.
    95
    96 Jenseits der Technik sind zudem gesetzgeberische Initiativen
    97 denkbar. So könnten Anbieter dazu verpflichtet werden,
    98 freiwillige Einwilligungen der Nutzer grundsätzlich nur
    99 befristet einzuholen. Das würde bedeuten, dass Letztere nach
    100 Ablauf einer gewissen Frist ihr Einverständnis mit der
    101 Datenerhebung durch den Anbieter aktiv erneuern müssten.
    102 Insofern Daten ohnehin nur zu klar definierten Zwecken
    103 erhoben werden dürfen, stünde eine solche Regelung im
    104 Einklang mit der Grundintention des ohnehin schon geltenden
    105 Rechts. Ein Zweck, für den Daten unbefristet lange
    106 gespeichert werden müssten, ist schlichtweg nicht denkbar.
    107
    108 ----------------------------------
    109 streitig Ende
    110 ----------------------------------
    111
    112 Die politische und rechtliche Diskussion um ein Recht auf
    113 Ver-gessen hat in den letzten Monaten weiter an Fahrt
    114 gewonnen.
    115
    116 Ungehindert dessen, hat die politische und rechtliche
    117 Diskussion um ein Recht auf Vergessen in den letzten Monaten
    118 weiter an Fahrt gewonnen. Auch die EU-Kommission hat das
    119 Recht auf Vergessen als prüfungswerten Punkt für eine
    120 Überarbeitung der Datenschutzrichtlinie 95/46/EG mit in die
    121 bevorstehende Konsultation aufgenommen. [Fußnote: Mitteilung
    122 der EU-Kommission „Gesamtkonzept für den Datenschutz in der
    123 Europäischen Union“ vom 04.11.2010, S. 8]
  • 2.3.4 „Verfallsdaten“ im Internet, regelmäßig erneuerbare Zustimmungspflicht (Originalversion)

    von EnqueteBuero, angelegt
    1 Im Kontext des Internets bereitet die Rückgängigmachung
    2 einer einmal gewollten Datennutzung oder auch
    3 Datenveröffentlichung bei geänderter Einschätzung besondere
    4 Schwierigkeiten.
    5 Schwierig stellt sich die Lage bei veröffentlichten Daten
    6 dar. Auf-grund der einfachen Vervielfältigung digitaler
    7 Daten im Internet ist auf Grund der technischen
    8 Gegebenheiten davon auszugehen, dass einmal
    9 veröffentlichte Daten nicht mehr „zurückzuholen“ sind.
    10 Selbst wenn es gelingt, die weitere Verwendung bzw.
    11 Veröffentlichung an einer bestimmten Stelle zu unterbinden,
    12 ist bei Daten anzunehmen, dass sie an anderer Stelle
    13 bereits dupliziert wurden.
    14
    15 Seit einigen Jahren wird mit zunehmender Bedeutung des
    16 Internets auch die Diskussion über ein „Recht auf Vergessen
    17 an den eigenen Daten“ geführt. Allerdings sind die hierfür
    18 in der Diskussion verwendeten Begrifflichkeiten noch sehr
    19 unterschiedlich. So wird neben dem „Recht auf Vergessen“
    20 [Fußnote: Viktor Mayer-Schönberger, Delete: The Virtue of
    21 Forgetting in the Digital Age; Jeffrey Rosen, The Web means
    22 the End of Forgetting, 21.07.2010, The New York Times],
    23 beispielsweise auch vom „programmierten Vergessen“ [Bull,
    24 NVwZ 2011, 257 (260)], Verfallsdaten oder dem „digitalen
    25 Radiergummi“ [BM Dr. Thomas de Maizière MdB, Rede zu den
    26 Grundlagen für eine gemeinsame Netzpolitik der Zukunft,
    27 Berlin, 22.06.2010] gesprochen. Die unterschiedlich
    28 verwendeten Terminologien haben teilweise nicht nur
    29 unterschiedliche Argu-mentationsansätze, sondern auch eine
    30 sehr unterschiedliche Reichweite. Auch wenn sie daher nicht
    31 vollständig als Synonym für das Recht auf Vergessen
    32 verwendet werden sollten, haben sie einen gemeinsamen
    33 Kerngedanken. Demnach soll der Nutzer des Internets mit
    34 Hilfe einer oder mehrerer technischen Lösungen, selbst
    35 darüber bestimmen können, wie lange seine
    36 personenbezo-genen Daten im Internet gespeichert bleiben
    37 sollen bzw. nach welcher Zeit, der „menschliche Vorgang“
    38 des Vergessens beginnen soll. Er kann im Idealfall bereits
    39 mit dem Einstellen der personenbezogenen Daten festlegen,
    40 dass eine (vollständige) Löschung der Daten an einem zuvor
    41 bestimmten Datum in der Zukunft erfolgen soll. Aufgrund der
    42 nahezu unbegrenzten Speicher- und
    43 Vervielfältigungsmöglichkeiten des Internets stellt dies
    44 die bisherigen technischen Gegebenheiten vor besondere
    45 Anforderungen.
    46
    47 Bereits jetzt existieren einzelne webbasierte Anwendungen,
    48 die dem Nutzer die Abrufbarkeit der Daten zeitlich
    49 begrenzen ermöglichen sollen. Allerdings fehlt es bisher
    50 an einer Gesamtlösung für alle Bereiche des Internets und
    51 insbesondere für die besonders datenintensiven sozialen
    52 Netzwerke. Erste technische Ansätze hierfür wurden bereits
    53 vor zwei Jahren in den USA entwickelt. Die University of
    54 Washington programmierte eine entsprechende Technik für den
    55 Verfall der eigenen personenbezogenen Daten, die auch auf
    56 soziale Netzwerke angewendet werden kann.
    57 [http://uwnews.org/article.asp?articleID=50973] Die
    58 Universität des Saarlandes stellte im vergangenen Jahr ein
    59 vergleichbares Produkt vor. [Fußnote:
    60 http://www.infsec.cs.uni-saarland.de/projects/forgetful-inte
    61 rnet/] Beide Techniken stehen jedoch noch am Anfang der
    62 Entwicklung und verhindern keines-wegs die Möglichkeit der
    63 Vervielfältigung von eingestellten personenbezogenen Daten
    64 (insbesondere Bildern). Ein Recht auf Vergessen kann somit
    65 aus technischer Sicht zum jetzigen Zeitpunkt nicht
    66 durchgesetzt oder gewährleistet werden.
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    69 streitig Anfang
    70 ----------------------------------
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    72 Allerdings ist die Technik einem permanenten Wandel
    73 unterworfen. Im Rahmen der Technologie-Förderung durch das
    74 Bundeswirtschaftsministerium könnten beispielsweise gezielt
    75 Pro-jekte gefördert werden, welche auf die Entwicklung von
    76 Daten-schutz-Techniken abzielen. Da die Erhebung und
    77 Speicherung privater Daten für viele Unternehmen
    78 mittlerweile einen festen Bestandteil ihres
    79 Geschäftsmodells darstellt, hat die private Wirt-schaft
    80 verständlicherweise bislang kaum ein Interesse an der
    81 Ent-wicklung derartiger Techniken gehabt. So man ein „Recht
    82 auf Vergessen“ für politisch sinnvoll und wünschenswert
    83 hält, hätte die Politik jedoch die Möglichkeit,
    84 entsprechende Anreize zu setzen.
    85
    86 Bereits heute gibt es Techniken, die in eine ähnliche
    87 Richtung wei-sen. Etwa ist eine zeitlich begrenzte Ver- und
    88 Entschlüsselung von Daten möglich, wenn diese nicht bei dem
    89 jeweiligen Anbieter, sondern bei spezialisierten Trust
    90 Centren abgelegt werden. Daten, die von Nutzern freiwillig
    91 zur Verfügung gestellt werden, können also jeweils beim
    92 Abruf entschlüsselt werden – so lange, bis eine dafür
    93 festgelegte Befristung abläuft. Entscheidend für die
    94 technische Funktionalität sind dabei sogenannte sticky
    95 policies, die festlegen, welche Metadaten zusammen mit den
    96 Nutzdaten gespeichert und übertragen werden.
    97
    98 Jenseits der Technik sind zudem gesetzgeberische
    99 Initiativen denkbar. So könnten Anbieter dazu verpflichtet
    100 werden, freiwillige Einwilligungen der Nutzer grundsätzlich
    101 nur befristet einzuholen. Das würde bedeuten, dass Letztere
    102 nach Ablauf einer gewissen Frist ihr Einverständnis mit der
    103 Datenerhebung durch den Anbieter aktiv erneuern müssten.
    104 Insofern Daten ohnehin nur zu klar definierten Zwecken
    105 erhoben werden dürfen, stünde eine solche Regelung im
    106 Einklang mit der Grundintention des ohnehin schon geltenden
    107 Rechts. Ein Zweck, für den Daten unbefristet lange
    108 gespeichert werden müssten, ist schlichtweg nicht denkbar.
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    111 streitig Ende
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    114 Die politische und rechtliche Diskussion um ein Recht auf
    115 Ver-gessen hat in den letzten Monaten weiter an Fahrt
    116 gewonnen.
    117
    118 Ungehindert dessen, hat die politische und rechtliche
    119 Diskussion um ein Recht auf Vergessen in den letzten
    120 Monaten weiter an Fahrt gewonnen. Auch die EU-Kommission
    121 hat das Recht auf Vergessen als prüfungswerten Punkt für
    122 eine Überarbeitung der Datenschutzrichtlinie 95/46/EG mit
    123 in die bevorstehende Konsultation aufgenommen. [Fußnote:
    124 Mitteilung der EU-Kommission „Gesamtkonzept für den
    125 Datenschutz in der Europäischen Union“ vom 04.11.2010, S. 8]