2.1.1 Schutzgegenstand

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  • 2.1.1 Schutzgegenstand (Originalversion)

    von EnqueteBuero, angelegt
    1 Datenschutz bildet den zentralen Motor des Vertrauens und
    2 der Akzeptanz moderner informationstechnischer
    3 Entwicklungen. Ziel des Datenschutzrechts ist der Erhalt und
    4 die Stärkung des Persönlichkeitsrecht unter den Bedingungen
    5 der Datenverarbeitung und –erhebung, insbesondere in Gestalt
    6 des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Der Erhalt
    7 der Kontrolle über den Umgang mit Daten und Informationen,
    8 die einen selbst betreffen, ist das zwingende Äquivalent
    9 einer auf die Stärkung des Einzelnen wie auch unseres
    10 demokratischen Gemeinwesens insgesamt abzielenden
    11 gesellschaftlichen Gesamtentwicklung.
    12
    13 Zentraler Anknüpfungspunkt des bestehenden
    14 Datenschutzkonzepts sind die sog. „personenbezogenen Daten“.
    15 [Fußnote: Kühling/Seidel/Sivridis, Datenschutzrecht, S.
    16 100.] Im Mittelpunkt der Abwägungen des Datenschutzes aber
    17 stehen Informationen, nicht Daten. Es geht regelmäßig um
    18 Interessen der Grundrechtsträger, dass staatliche Stellen
    19 oder Dritte etwas nicht als Information erfahren und nutzen
    20 können, und auf der anderen Seite deren Wissens- und
    21 Verwertungsinteressen.
    22
    23 Personenbezogene Daten werden definiert als „Einzelangaben
    24 über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer
    25 bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person“ (Art. 2
    26 lit. a DSRL, § 3 Abs. 1 BDSG). Der Begriff wird weit
    27 verstanden und umfasst praktisch jede Information, die mit
    28 einer natürlichen Person in Verbindung gebracht werden kann.
    29 Es genügt also eine „Personenbeziehbarkeit“. [Fußnote:
    30 Gola/Klug, Grundzüge des Datenschutzrechts, S. 40.] Angaben
    31 über persönliche Verhältnisse betreffen etwa
    32 Identifikationsmerkmale, äußere Merkmale, aber auch innere
    33 Zustände (z.B. Meinungen), Angaben über sachliche
    34 Verhältnisse dagegen alle Beziehungen des Betroffenen zu
    35 Dritten und zur Umwelt (z.B. Eigentumsverhältnisse,
    36 Vertragsbeziehungen). [ Fußnote: Kühling/Seidel/Sivridis,
    37 Datenschutzrecht, S. 101.]
    38
    39 Auch das BVerfG geht in seiner ständigen Rechtsprechung von
    40 einem weiten Verständnis aus. So hat das Gericht in seinem
    41 wegweisenden Volkszählungsurteil zu den Angaben
    42 personenbezogener Daten ausgeführt: „Entscheidend sind ihre
    43 Nutzbarkeit und Verwendungsmöglichkeit. Diese hängen
    44 einerseits von dem Zweck, dem die Erhebung dient, und
    45 andererseits von den der Informationstechnologie eigenen
    46 Verarbeitungsmöglichkeiten und Verknüpfungsmöglichkeiten ab.
    47 Dadurch kann ein für sich gesehen belangloses Datum einen
    48 neuen Stellenwert bekommen; insoweit gibt es unter den
    49 Bedingungen der automatischen Datenverarbeitung kein
    50 ‚belangloses‘ Datum mehr.“ [Fußnote: BVerfGE 65, 1, 45.]
    51
    52 Weiterer regulatorischer Anknüpfungspunkt ist der Umgang mit
    53 diesen Daten. Dabei werden in der DSRL und im BDSG
    54 unterschiedliche Begrifflichkeiten verwendet. Während in der
    55 DSRL die „Verarbeitung“ (im weiteren Sinne) der Daten als
    56 Oberbegriff für jeden Vorgang im Zusammenhang mit den
    57 personenbezogenen Daten zu verstehen ist (Art. 2 lit. b
    58 DSRL), unterscheidet das BDSG zwischen den einzelnen
    59 Vorgängen der Erhebung, Verarbeitung (im engeren Sinne) und
    60 (sonstigen) Nutzung der Daten (§ 4 Abs. 1 BDSG). Materiell
    61 erfasst sind vor allem die Erhebung, Speicherung,
    62 Veränderung, Übermittlung, Sperrung und Löschung von
    63 personenbezogenen Daten. Dabei ist ein technikneutrales
    64 Verständnis zu Grunde zu legen. Erfasst sind sowohl
    65 automatische als auch nicht-automatische Verfahren.
    66 [Fußnote: Kühling/Seidel/Sivridis, Datenschutzrecht, S. 49.]
    67 Für einen kleinen Ausschnitt der personenbezogenen Daten
    68 gilt, in Anpassung an die Vorgaben der
    69 EG-Datenschutzrichtlinie 95/46, ein erhöhtes Schutzniveau:
    70 Hierzu gehören die sog. sensiblen Daten wie rassische oder
    71 ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder
    72 philosophische Überzeugungen, die Gewerkschaftszugehörigkeit
    73 und Daten über die Gesundheit und die Sexualität (vgl. Art.
    74 8 DSRL, § 3 Abs. 9 BDSG).
    75
    76 In der digitalen Welt wirft das Kriterium des Personenbezugs
    77 allerdings zunehmend Probleme auf. Durch die Möglichkeit,
    78 Daten aller Art in einem bislang nicht dagewesenen Ausmaß
    79 miteinander zu verknüpfen, kann quasi jedes Datum zu einem
    80 personenbezogenen werden.
    81
    82 Persönlichkeitsrechtlich problematisch erscheint zunehmend
    83 weniger der Personenbezug an sich als vielmehr die
    84 Möglichkeit, jederzeit unterschiedlichste Daten aller Art
    85 mit einzelnen Personen zu verknüpfen und in
    86 unterschiedlicher Weise auszuwerten. Geodaten, die an sich
    87 keine personenbezogenen Daten sind, jedoch schon immer
    88 personenbeziehbar waren, werden offensichtlich von vielen
    89 Menschen als problematisch im persönlichkeitsrechtlichen
    90 Sinne empfunden, wenn bestimmte technische Möglichkeiten der
    91 Verknüpfung und gezielten Recherche bestehen. Angesichts
    92 solcher Entwicklungen greift die Frage, ob Geodaten
    93 personenbezogene oder auch nur personenbeziehbare Daten
    94 sind, zu kurz.
    95
    96 ---------------------------------------------------------
    97 Alternativvorschlag Anfang
    98 ---------------------------------------------------------
    99
    100 Allerdings ist diese Erkenntnis nicht so neu. Daten und
    101 Informationen können je nach Kontext, in dem sie relevant
    102 werden, personenbeziehbar werden. Deshalb hat der
    103 Gesetzgeber im Bundesdatenschutzgesetz mit einem weit
    104 auszulegenden Begriff des Personenbezuges reagiert, um
    105 sicherzustellen, dass jedenfalls Daten nicht von vornherein
    106 aus dem Schutz herausfallen dürfen. Gerade weil erst der
    107 jeweilige Verwendungskontext entscheidet, kann es wie das
    108 BVerfG hervorgehoben hat, keine per se trivialen,
    109 nicht-schutzwürdigen Daten geben.
    110
    111 Im Hinblick auf einen noch vorgelagerten
    112 gefährdungsabhängigen Schutz ist es allerdings notwendig,
    113 die Dogmatik des Personenbezugs dynamisch
    114 weiterzuentwickeln. So zeigt das Beispiel der Geodaten, aber
    115 auch der Scoring-Diskussion, dass die gezielte Verarbeitung
    116 von Daten schon vor ihrer Zusammenführung hinsichtlich einer
    117 bestimmten Person Risiken dann bergen, wenn sie letztlich
    118 darauf abzielen, Einzelne statistisch einzuteilen und damit
    119 erhebliche Benachteiligungen für Personen oder
    120 Personengruppen nach sich ziehen können, wie dies z.B. beim
    121 Wohnortscoring der Fall ist.
    122
    123 ---------------------------------------------------------
    124 Alternativvorschlag Ende
    125 ---------------------------------------------------------
  • 2.1.1 Schutzgegenstand (Originalversion)

    von EnqueteBuero, angelegt
    1 Datenschutz bildet den zentralen Motor des Vertrauens und
    2 der Akzeptanz moderner informationstechnischer
    3 Entwicklungen. Ziel des Datenschutzrechts ist der Erhalt
    4 und die Stärkung des Persönlichkeitsrecht unter den
    5 Bedingungen der Datenverarbeitung und –erhebung,
    6 insbesondere in Gestalt des Rechts auf informationelle
    7 Selbstbestimmung. Der Erhalt der Kontrolle über den Umgang
    8 mit Daten und Informationen, die einen selbst betreffen,
    9 ist das zwingende Äquivalent einer auf die Stärkung des
    10 Einzelnen wie auch unseres demokratischen Gemeinwesens
    11 insgesamt abzielenden gesellschaftlichen Gesamtentwicklung.
    12
    13 Zentraler Anknüpfungspunkt des bestehenden
    14 Datenschutzkonzepts sind die sog. „personenbezogenen
    15 Daten“. [Fußnote: Kühling/Seidel/Sivridis,
    16 Datenschutzrecht, S. 100.] Im Mittelpunkt der Abwägungen
    17 des Datenschutzes aber stehen Informationen, nicht Daten.
    18 Es geht regelmäßig um Interessen der Grundrechtsträger,
    19 dass staatliche Stellen oder Dritte etwas nicht als
    20 Information erfahren und nutzen können, und auf der anderen
    21 Seite deren Wissens- und Verwertungsinteressen.
    22
    23 Personenbezogene Daten werden definiert als „Einzelangaben
    24 über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer
    25 bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person“ (Art. 2
    26 lit. a DSRL, § 3 Abs. 1 BDSG). Der Begriff wird weit
    27 verstanden und umfasst praktisch jede Information, die mit
    28 einer natürlichen Person in Verbindung gebracht werden
    29 kann. Es genügt also eine „Personenbeziehbarkeit“.
    30 [Fußnote: Gola/Klug, Grundzüge des Datenschutzrechts, S.
    31 40.] Angaben über persönliche Verhältnisse betreffen etwa
    32 Identifikationsmerkmale, äußere Merkmale, aber auch innere
    33 Zustände (z.B. Meinungen), Angaben über sachliche
    34 Verhältnisse dagegen alle Beziehungen des Betroffenen zu
    35 Dritten und zur Umwelt (z.B. Eigentumsverhältnisse,
    36 Vertragsbeziehungen). [ Fußnote: Kühling/Seidel/Sivridis,
    37 Datenschutzrecht, S. 101.]
    38
    39 Auch das BVerfG geht in seiner ständigen Rechtsprechung von
    40 einem weiten Verständnis aus. So hat das Gericht in seinem
    41 wegweisenden Volkszählungsurteil zu den Angaben
    42 personenbezogener Daten ausgeführt: „Entscheidend sind ihre
    43 Nutzbarkeit und Verwendungsmöglichkeit. Diese hängen
    44 einerseits von dem Zweck, dem die Erhebung dient, und
    45 andererseits von den der Informationstechnologie eigenen
    46 Verarbeitungsmöglichkeiten und Verknüpfungsmöglichkeiten
    47 ab. Dadurch kann ein für sich gesehen belangloses Datum
    48 einen neuen Stellenwert bekommen; insoweit gibt es unter
    49 den Bedingungen der automatischen Datenverarbeitung kein
    50 ‚belangloses‘ Datum mehr.“ [Fußnote: BVerfGE 65, 1, 45.]
    51
    52 Weiterer regulatorischer Anknüpfungspunkt ist der Umgang
    53 mit diesen Daten. Dabei werden in der DSRL und im BDSG
    54 unterschiedliche Begrifflichkeiten verwendet. Während in
    55 der DSRL die „Verarbeitung“ (im weiteren Sinne) der Daten
    56 als Oberbegriff für jeden Vorgang im Zusammenhang mit den
    57 personenbezogenen Daten zu verstehen ist (Art. 2 lit. b
    58 DSRL), unterscheidet das BDSG zwischen den einzelnen
    59 Vorgängen der Erhebung, Verarbeitung (im engeren Sinne) und
    60 (sonstigen) Nutzung der Daten (§ 4 Abs. 1 BDSG). Materiell
    61 erfasst sind vor allem die Erhebung, Speicherung,
    62 Veränderung, Übermittlung, Sperrung und Löschung von
    63 personenbezogenen Daten. Dabei ist ein technikneutrales
    64 Verständnis zu Grunde zu legen. Erfasst sind sowohl
    65 automatische als auch nicht-automatische Verfahren.
    66 [Fußnote: Kühling/Seidel/Sivridis, Datenschutzrecht, S. 49.]
    67 Für einen kleinen Ausschnitt der personenbezogenen Daten
    68 gilt, in Anpassung an die Vorgaben der
    69 EG-Datenschutzrichtlinie 95/46, ein erhöhtes Schutzniveau:
    70 Hierzu gehören die sog. sensiblen Daten wie rassische oder
    71 ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder
    72 philosophische Überzeugungen, die
    73 Gewerkschaftszugehörigkeit und Daten über die Gesundheit
    74 und die Sexualität (vgl. Art. 8 DSRL, § 3 Abs. 9 BDSG).
    75
    76 In der digitalen Welt wirft das Kriterium des
    77 Personenbezugs allerdings zunehmend Probleme auf. Durch die
    78 Möglichkeit, Daten aller Art in einem bislang nicht
    79 dagewesenen Ausmaß miteinander zu verknüpfen, kann quasi
    80 jedes Datum zu einem personenbezogenen werden.
    81
    82 ---------------------------------------------------------
    83 streitig Anfang
    84 ---------------------------------------------------------
    85
    86 Persönlichkeitsrechtlich problematisch erscheint zunehmend
    87 weniger der Personenbezug an sich als vielmehr die
    88 Möglichkeit, jederzeit unterschiedlichste Daten aller Art
    89 mit einzelnen Personen zu verknüpfen und in
    90 unterschiedlicher Weise auszuwerten. Geodaten, die an sich
    91 keine personenbezogenen Daten sind, jedoch schon immer
    92 personenbeziehbar waren, werden offensichtlich von vielen
    93 Menschen als problematisch im persönlichkeitsrechtlichen
    94 Sinne empfunden, wenn bestimmte technische Möglichkeiten
    95 der Verknüpfung und gezielten Recherche bestehen.
    96 Angesichts solcher Entwicklungen greift die Frage, ob
    97 Geodaten personenbezogene oder auch nur personenbeziehbare
    98 Daten sind, zu kurz.
    99
    100 ---------------------------------------------------------
    101 streitig Ende
    102 ---------------------------------------------------------
    103
    104 ---------------------------------------------------------
    105 Alternativvorschlag Anfang
    106 ---------------------------------------------------------
    107
    108 Allerdings ist diese Erkenntnis nicht so neu. Daten und
    109 Informationen können je nach Kontext, in dem sie relevant
    110 werden, personenbeziehbar werden. Deshalb hat der
    111 Gesetzgeber im Bundesdatenschutzgesetz mit einem weit
    112 auszulegenden Begriff des Personenbezuges reagiert, um
    113 sicherzustellen, dass jedenfalls Daten nicht von vornherein
    114 aus dem Schutz herausfallen dürfen. Gerade weil erst der
    115 jeweilige Verwendungskontext entscheidet, kann es wie das
    116 BVerfG hervorgehoben hat, keine per se trivialen,
    117 nicht-schutzwürdigen Daten geben.
    118
    119 Im Hinblick auf einen noch vorgelagerten
    120 gefährdungsabhängigen Schutz ist es allerdings notwendig,
    121 die Dogmatik des Personenbezugs dynamisch
    122 weiterzuentwickeln. So zeigt das Beispiel der Geodaten,
    123 aber auch der Scoring-Diskussion, dass die gezielte
    124 Verarbeitung von Daten schon vor ihrer Zusammenführung
    125 hinsichtlich einer bestimmten Person Risiken dann bergen,
    126 wenn sie letztlich darauf abzielen, Einzelne statistisch
    127 einzuteilen und damit erhebliche Benachteiligungen für
    128 Personen oder Personengruppen nach sich ziehen können, wie
    129 dies z.B. beim Wohnortscoring der Fall ist.
    130
    131 ---------------------------------------------------------
    132 Alternativvorschlag Ende
    133 ---------------------------------------------------------
    134
  • 2.1.1 Schutzgegenstand (Originalversion)

    von EnqueteBuero, angelegt
    1 Datenschutz bildet den zentralen Motor des Vertrauens und
    2 der Akzeptanz moderner informationstechnischer
    3 Entwicklungen. Ziel des Datenschutzrechts ist der Erhalt
    4 und die Stärkung des Persönlichkeitsrecht unter den
    5 Bedingungen der Datenverarbeitung und –erhebung,
    6 insbesondere in Gestalt des Rechts auf informationelle
    7 Selbstbestimmung. Der Erhalt der Kontrolle über den Umgang
    8 mit Daten und Informationen, die einen selbst betreffen,
    9 ist das zwingende Äquivalent einer auf die Stärkung des
    10 Einzelnen wie auch unseres demokratischen Gemeinwesens
    11 insgesamt abzielenden gesellschaftlichen Gesamtentwicklung.
    12
    13 Zentraler Anknüpfungspunkt des bestehenden
    14 Datenschutzkonzepts sind die sog. „personenbezogenen
    15 Daten“. [Fußnote: Kühling/Seidel/Sivridis,
    16 Datenschutzrecht, S. 100.] Im Mittelpunkt der Abwägungen
    17 des Datenschutzes aber stehen Informationen, nicht Daten.
    18 Es geht regelmäßig um Interessen der Grundrechtsträger,
    19 dass staatliche Stellen oder Dritte etwas nicht als
    20 Information erfahren und nutzen können, und auf der anderen
    21 Seite deren Wissens- und Verwertungsinteressen.
    22
    23 Personenbezogene Daten werden definiert als „Einzelangaben
    24 über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer
    25 bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person“ (Art. 2
    26 lit. a DSRL, § 3 Abs. 1 BDSG). Der Begriff wird weit
    27 verstanden und umfasst praktisch jede Information, die mit
    28 einer natürlichen Person in Verbindung gebracht werden
    29 kann. Es genügt also eine „Personenbeziehbarkeit“.
    30 [Fußnote: Gola/Klug, Grundzüge des Datenschutzrechts, S.
    31 40.] Angaben über persönliche Verhältnisse betreffen etwa
    32 Identifikationsmerkmale, äußere Merkmale, aber auch innere
    33 Zustände (z.B. Meinungen), Angaben über sachliche
    34 Verhältnisse dagegen alle Beziehungen des Betroffenen zu
    35 Dritten und zur Umwelt (z.B. Eigentumsverhältnisse,
    36 Vertragsbeziehungen). [ Fußnote: Kühling/Seidel/Sivridis,
    37 Datenschutzrecht, S. 101.]
    38
    39 Auch das BVerfG geht in seiner ständigen Rechtsprechung von
    40 einem weiten Verständnis aus. So hat das Gericht in seinem
    41 wegweisenden Volkszählungsurteil zu den Angaben
    42 personenbezogener Daten ausgeführt: „Entscheidend sind ihre
    43 Nutzbarkeit und Verwendungsmöglichkeit. Diese hängen
    44 einerseits von dem Zweck, dem die Erhebung dient, und
    45 andererseits von den der Informationstechnologie eigenen
    46 Verarbeitungsmöglichkeiten und Verknüpfungsmöglichkeiten
    47 ab. Dadurch kann ein für sich gesehen belangloses Datum
    48 einen neuen Stellenwert bekommen; insoweit gibt es unter
    49 den Bedingungen der automatischen Datenverarbeitung kein
    50 ‚belangloses‘ Datum mehr.“ [Fußnote: BVerfGE 65, 1, 45.]
    51
    52 Weiterer regulatorischer Anknüpfungspunkt ist der Umgang
    53 mit diesen Daten. Dabei werden in der DSRL und im BDSG
    54 unterschiedliche Begrifflichkeiten verwendet. Während in
    55 der DSRL die „Verarbeitung“ (im weiteren Sinne) der Daten
    56 als Oberbegriff für jeden Vorgang im Zusammenhang mit den
    57 personenbezogenen Daten zu verstehen ist (Art. 2 lit. b
    58 DSRL), unterscheidet das BDSG zwischen den einzelnen
    59 Vorgängen der Erhebung, Verarbeitung (im engeren Sinne) und
    60 (sonstigen) Nutzung der Daten (§ 4 Abs. 1 BDSG). Materiell
    61 erfasst sind vor allem die Erhebung, Speicherung,
    62 Veränderung, Übermittlung, Sperrung und Löschung von
    63 personenbezogenen Daten. Dabei ist ein technikneutrales
    64 Verständnis zu Grunde zu legen. Erfasst sind sowohl
    65 automatische als auch nicht-automatische Verfahren.
    66 [Fußnote: Kühling/Seidel/Sivridis, Datenschutzrecht, S. 49.]
    67 Für einen kleinen Ausschnitt der personenbezogenen Daten
    68 gilt, in Anpassung an die Vorgaben der
    69 EG-Datenschutzrichtlinie 95/46, ein erhöhtes Schutzniveau:
    70 Hierzu gehören die sog. sensiblen Daten wie rassische oder
    71 ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder
    72 philosophische Überzeugungen, die
    73 Gewerkschaftszugehörigkeit und Daten über die Gesundheit
    74 und die Sexualität (vgl. Art. 8 DSRL, § 3 Abs. 9 BDSG).
    75
    76 In der digitalen Welt wirft das Kriterium des
    77 Personenbezugs allerdings zunehmend Probleme auf. Durch die
    78 Möglichkeit, Daten aller Art in einem bislang nicht
    79 dagewesenen Ausmaß miteinander zu verknüpfen, kann quasi
    80 jedes Datum zu einem personenbezogenen werden.
    81
    82 ---------------------------------------------------------
    83 streitig Anfang
    84 ---------------------------------------------------------
    85
    86 Persönlichkeitsrechtlich problematisch erscheint zunehmend
    87 weniger der Personenbezug an sich als vielmehr die
    88 Möglichkeit, jederzeit unterschiedlichste Daten aller Art
    89 mit einzelnen Personen zu verknüpfen und in
    90 unterschiedlicher Weise auszuwerten. Geodaten, die an sich
    91 keine personenbezogenen Daten sind, jedoch schon immer
    92 personenbeziehbar waren, werden offensichtlich von vielen
    93 Menschen als problematisch im persönlichkeitsrechtlichen
    94 Sinne empfunden, wenn bestimmte technische Möglichkeiten
    95 der Verknüpfung und gezielten Recherche bestehen.
    96 Angesichts solcher Entwicklungen greift die Frage, ob
    97 Geodaten personenbezogene oder auch nur personenbeziehbare
    98 Daten sind, zu kurz.
    99
    100 ---------------------------------------------------------
    101 streitig Ende
    102 ---------------------------------------------------------
    103
    104 ---------------------------------------------------------
    105 Alternativvorschlag Anfang
    106 ---------------------------------------------------------
    107
    108 Allerdings ist diese Erkenntnis nicht so neu. Daten und
    109 Informationen können je nach Kontext, in dem sie relevant
    110 werden, personenbeziehbar werden. Deshalb hat der
    111 Gesetzgeber im Bundesdatenschutzgesetz mit einem weit
    112 auszulegenden Begriff des Personenbezuges reagiert, um
    113 sicherzustellen, dass jedenfalls Daten nicht von vornherein
    114 aus dem Schutz herausfallen dürfen. Gerade weil erst der
    115 jeweilige Verwendungskontext entscheidet, kann es wie das
    116 BVerfG hervorgehoben hat, keine per se trivialen,
    117 nicht-schutzwürdigen Daten geben.
    118
    119 Im Hinblick auf einen noch vorgelagerten
    120 gefährdungsabhängigen Schutz ist es allerdings notwendig,
    121 die Dogmatik des Personenbezugs dynamisch
    122 weiterzuentwickeln. So zeigt das Beispiel der Geodaten,
    123 aber auch der Scoring-Diskussion, dass die gezielte
    124 Verarbeitung von Daten schon vor ihrer Zusammenführung
    125 hinsichtlich einer bestimmten Person Risiken dann bergen,
    126 wenn sie letztlich darauf abzielen, Einzelne statistisch
    127 einzuteilen und damit erhebliche Benachteiligungen für
    128 Personen oder Personengruppen nach sich ziehen können, wie
    129 dies z.B. beim Wohnortscoring der Fall ist.
    130
    131 ---------------------------------------------------------
    132 Alternativvorschlag Ende
    133 ---------------------------------------------------------