1.3.5 Rechtsprechung nationaler Verwaltungs- und Zivilgerichte

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    1 Zulässigkeit und Grenzen personenbezogener Bewertungsportale
    2 im Internet sind Gegenstand der Entscheidung des
    3 Bundesgerichtshofs (BGH) vom 23. Juni 2009 . Der BGH lehnte
    4 einen Anspruch der klagenden Lehrerin auf Löschung oder
    5 Unterlassung der Veröffentlichung ihres Namens, des Namens
    6 der Schule, der unterrichteten Fächer sowie einer Bewertung
    7 durch die Nutzer ab. Auch Meinungsäußerungen über eine
    8 bestimmte oder bestimmbare Person oder diesbezügliche
    9 Bewertungen stellten personenbezogene Daten dar. Die
    10 Erhebung, Speicherung und Übermittlung solcher Beurteilungen
    11 richte sich daher nach dem BDSG. Im konkreten Fall sei die
    12 Erhebung und Speicherung der Bewertung trotz fehlender
    13 Einwilligung der Lehrerin gemäß § 29 BDSG zulässig.
    14 Voraussetzung hierfür ist nach § 29 BDSG, dass „kein Grund
    15 zu der Annahme besteht, dass der Betroffene ein
    16 schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss“ der
    17 Datenerhebung und -speicherung hat. Bei der Prüfung des
    18 „schutzwürdigen Interesses“ hat der BGH eine Abwägung
    19 zwischen der Meinungsfreiheit der Nutzer aus Art. 5 Abs. 1
    20 GG und dem Persönlichkeitsrecht der Bewerteten vorgenommen
    21 und im Hinblick auf den konkreten Sachverhalt der
    22 Meinungsfreiheit den Vorrang eingeräumt.
    23
    24 Mit Urteil vom 9. Dezember 2003 hat der BGH zivilrechtliche
    25 Ansprüche auf Unterlassung der Veröffentlichung in der
    26 Presse von Luftbildaufnahmen, die Privathäuser einer
    27 Prominenten zeigten, abgelehnt. Das Fotografieren der
    28 Außenansicht eines Grundstücks von einer allgemein
    29 zugänglichen Straße aus und die Verbreitung dieser Fotos
    30 stelle regelmäßig keine Verletzung des Persönlichkeitsrechts
    31 dar. Wenn aber jemand „unter Überwindung bestehender
    32 Hindernisse oder mit geeigneten Hilfsmitteln (Teleobjektiv,
    33 Leiter, Flugzeug)“ ein privates Anwesen ausspähe, liege
    34 grundsätzlich ein Eingriff in die Privatsphäre vor. Im
    35 konkreten Fall hat das Gericht dennoch einen
    36 Unterlassungsanspruch verneint, da bei Abwägung der
    37 betroffenen Grundrechte die Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1
    38 GG überwiege. Von der Pressefreiheit nicht gedeckt sei aber
    39 die Veröffentlichung einer Wegbeschreibung zum Grundstück.
    40 Auch die Installation von Überwachungskameras auf einem
    41 Privatgrundstück kann das Persönlichkeitsrecht eines
    42 vermeintlich überwachten Nachbars beeinträchtigen
    43 (BGH-Urteil vom 16. März 2010).
    44
    45 Zur Frage der internationalen Zuständigkeit deutscher
    46 Gerichte gemäß § 32 Zivilprozessordnung (ZPO) für Klagen aus
    47 unerlaubten Handlungen gegen Veröffentlichungen im Internet
    48 hat sich der BGH mit Urteil vom 29. März 2011 geäußert.
    49 Deutsche Gerichte seien für Verletzungen des
    50 Persönlichkeitsrechts durch Veröffentlichungen im Internet
    51 dann zuständig, wenn die fraglichen Inhalte „objektiv einen
    52 deutlichen Bezug zum Inland (…) aufweisen“. Voraussetzung
    53 hierfür sei, dass eine Kollision der widerstreitenden
    54 Interessen, d. h. des Persönlichkeitsrechts einerseits und
    55 des Interesses an der Gestaltung des eigenen
    56 Internetauftritts oder an der Berichterstattung
    57 andererseits, nach den Umständen des konkreten Falls,
    58 insbesondere auf Grund des konkreten Inhalts der
    59 Veröffentlichung, im Inland tatsächlich eingetreten sei oder
    60 eintreten könne. Das hat das Gericht im konkreten Fall
    61 verneint, da es sich um die Beschreibung eines privaten
    62 Treffens in Russland – verfasst auf russisch und in
    63 kyrillischer Schrift – handelte. Aus dem deutschen Wohnsitz
    64 des Klägers und dem Standort des Servers in Deutschland
    65 ergebe sich kein hinreichend deutlicher Inlandsbezug.
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    67 Mit Urteil vom 2. März 2010 hat der BGH die Zuständigkeit
    68 deutscher Gerichte für eine Klage gegen eine
    69 Internetveröffentlichung der „New York Times“ hingegen
    70 bejaht. Der deutliche Inlandsbezug ergab sich nach
    71 Auffassung des Gerichts aus dem Inhalt des veröffentlichten
    72 Artikels (u. a. die Wiedergabe von Berichten deutscher
    73 Strafverfolgungsbehörden über das deutsche Unternehmen des
    74 Klägers) und der Tatsache, dass die „New York Times“ als
    75 international anerkannte Zeitung auch in Deutschland
    76 wahrgenommen werde.
    77
    78 In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) sind
    79 Fragen des Datenschutzes und der Persönlichkeitsrechte u. a.
    80 in folgenden Entscheidungen aufgegriffen worden: Arbeitgeber
    81 und Betriebsrat seien grundsätzlich befugt, eine
    82 Videoüberwachung im Betrieb einzuführen. Die Zulässigkeit
    83 des damit verbundenen Eingriffs in die Persönlichkeitsrechte
    84 der Arbeitnehmer richte sich nach dem Grundsatz der
    85 Verhältnismäßigkeit (Beschluss vom 26. August 2008). Bei
    86 Abschluss von Betriebsvereinbarungen sei gemäß § 75 Abs. 2
    87 Satz 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) die freie
    88 Entfaltung der Persönlichkeit der beschäftigten Arbeitnehmer
    89 zu schützen und hierbei auch der Grundsatz der
    90 Verhältnismäßigkeit zu wahren. Mit Beschluss vom 12. August
    91 2008 äußerte sich das Gericht zum Leserecht einzelner
    92 Mitglieder des Betriebsrates. Das Recht, die elektronisch
    93 gespeicherten Unterlagen des Betriebsrats einzusehen,
    94 umfasse auch das Leserecht auf elektronischem Weg, und zwar
    95 jederzeit, wie dies in § 34 Abs. 3 BetrVG vorgesehen sei.
    96 Dem stünden auch die Schweigepflicht der Mitglieder des
    97 Betriebsrats und datenschutzrechtliche Vorschriften nicht
    98 entgegen.
    99
    100 Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat mit Urteil vom 8.
    101 März 2002 die Herausgabe von Stasi-Unterlagen mit
    102 personenbezogenen Informationen über Personen der
    103 Zeitgeschichte, Inhaber politischer Funktionen oder
    104 Amtsträger in Ausübung ihres Amtes nach der damaligen
    105 Fassung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes für unzulässig
    106 erklärt, wenn diese systematisch vom Staatsicherheitsdienst
    107 ausgespäht wurden. Im Hinblick auf eine mögliche Änderung
    108 des Gesetzes weist das Gericht darauf hin, dass bei der
    109 Weitergabe rechtsstaatswidrig erworbener Informationen dem
    110 Persönlichkeitsrecht ein höherer Schutz zukomme, als dies
    111 bei der sonstigen Veröffentlichung von Informationen über
    112 Personen der Zeitgeschichte und Amtsträger in Ausübung ihres
    113 Amtes der Fall sei.
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    115 Werden personenbezogene Informationen durch eine sachlich
    116 unzuständige Behörde weitergegeben, stellt dies einen
    117 Verstoß gegen das Grundrecht auf informationelle
    118 Selbstbestimmung dar. Das BVerwG hat hierzu mit Urteil vom
    119 9. März 2005 entschieden, ein Eingriff in das
    120 informationelle Selbstbestimmungsrecht sei grundsätzlich
    121 auch dann nicht gerechtfertigt, wenn die Daten zwar von
    122 einer anderen Behörde rechtmäßig hätten weitergegeben werden
    123 dürfen, im konkreten Fall aber eine sachlich unzuständige
    124 Behörde gehandelt habe.
    125
    126 Nach § 7 Bundesnachrichtendienstgesetz (BNDG) in Verbindung
    127 mit § 15 Abs. 1 Bundesverfassungsschutzgesetz (BVerfSchG)
    128 erteilt der Bundesnachrichtendienst dem Betroffenen auf
    129 Antrag Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten
    130 Daten, soweit er ein besonderes Interesse an der Auskunft
    131 darlegt. Das BVerwG hat mit Urteil vom 24. März 2010
    132 ausgeführt, dass eine Auskunftserteilung unter Berufung auf
    133 die in § 15 Abs. 2 BVerfSchG aufgeführten
    134 Geheimhaltungsgründe nur dann abgelehnt werden könne, wenn
    135 eine Abwägung im Einzelfall ergebe, dass das
    136 Auskunftsinteresse zurückstehen müsse. Dagegen erstrecke
    137 sich die Auskunftsverpflichtung von vornherein nicht auf die
    138 Herkunft der Daten (§ 15 Abs. 3 BVerfSchG).