1 | Das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) [Fußnote: Gesetz vom 20. |
2 | Dezember 1990 in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. |
3 | Januar 2003 (BGBl. I S. 66), zuletzt geändert durch Artikel |
4 | 1 des Gesetzes vom 14. August 2009 (BGBl. I S. 2814).] |
5 | stellt das Kernstück des Datenschutzrechts auf Bundesebene |
6 | dar. Es wurde 1990 als umfassende Novelle des |
7 | Bundesdatenschutzgesetzes von 1977 in Reaktion auf das |
8 | „Volkszählungsurteil“ verabschiedet, um - den Vorgaben des |
9 | Bundesverfassungsgerichts entsprechend - eine gesetzliche |
10 | Grundlage für die Erhebung und Verarbeitung |
11 | personenbezogener Daten zu schaffen und so den Einzelnen vor |
12 | Beeinträchtigungen seines Persönlichkeitsrechtes zu |
13 | schützen. Als Teil des allgemeinen Datenschutzrechts enthält |
14 | es keine bereichsspezifischen Regelungen und gilt sowohl für |
15 | Datenverarbeitung in IT-Systemen als auch auf für manuelle |
16 | Verfahren. |
17 | |
18 | Geschützt werden vom Gesetz „Einzelangaben über persönliche |
19 | oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder |
20 | bestimmbaren natürlichen Person“ (§ 3 Abs. 1 BDSG), nicht |
21 | aber Angaben über juristische Personen. Wesentlicher |
22 | Grundsatz des Gesetzes ist das so genannte „Verbot mit |
23 | Erlaubnisvorbehalt“ nach § 4 Abs. 1 BDSG. Danach ist die |
24 | Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten |
25 | nur dann zulässig, wenn ein Gesetz oder eine sonstige |
26 | Rechtsvorschrift dies erlaubt oder der Betroffene |
27 | eingewilligt hat. Daneben gilt der Grundsatz der |
28 | Datenvermeidung und Datensparsamkeit, wonach so wenig |
29 | personenbezogene Daten wie möglich zu erheben, zu |
30 | verarbeiten oder zu nutzen sind. Möglichkeiten der |
31 | Anonymisierung und Pseudonymisierung sind weitestgehend |
32 | auszuschöpfen. Das Gesetz stellt für „besondere Arten |
33 | personenbezogener Daten“, etwa über die rassische oder |
34 | ethnische Herkunft, politische Meinungen oder religiöse |
35 | Überzeugungen, höhere Schutzanforderungen. Rechte des |
36 | Betroffenen erstrecken sich auf Auskunft, Berichtigung, |
37 | Löschung oder Sperrung. Der zentrale datenschutzrechtliche |
38 | Grundsatz der Zweckbindung hat an verschiedenen Stellen im |
39 | Gesetz Niederschlag gefunden. Das Datenschutzaudit ist |
40 | Gegenstand der Regelung des § 9a BDSG. |
41 | |
42 | Neben allgemeinen und gemeinsamen Bestimmungen enthält das |
43 | Gesetz gesonderte Regelungen für die Datenverarbeitung |
44 | öffentlicher Stellen einerseits und nicht öffentlicher |
45 | Stellen andererseits. Die Regelungen über die |
46 | Datenverarbeitung öffentlicher Stellen (§§ 12 ff. BDSG) |
47 | gelten für Behörden und andere öffentlich-rechtlich |
48 | organisierte Einrichtungen des Bundes, bundesunmittelbare |
49 | öffentlich-rechtliche Körperschaften, Anstalten und |
50 | Stiftungen sowie Organe der Rechtspflege. Für öffentliche |
51 | Stellen der Länder gelten sie stets nur subsidiär gegenüber |
52 | den Landesdatenschutzgesetzen. Da alle Bundesländer |
53 | Landesdatenschutzgesetze erlassen haben, ergibt sich hierfür |
54 | kein praktischer Anwendungsfall. Wahl, Rechtsstellung und |
55 | Aufgabe des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die |
56 | Informationsfreiheit sind in §§ 22 ff. BDSG geregelt. Das |
57 | Gesetz enthält weiterhin Bußgeld- und Strafvorschriften. |
58 | |
59 | Der räumliche Anwendungsbereich des BDSG ist in § 1 Abs. 5 |
60 | BDSG geregelt. Erhebt oder verarbeitet ein ausländisches |
61 | Unternehmen mit Sitz innerhalb der EU bzw. innerhalb des EWR |
62 | Daten im Inland, ist das BDSG nur dann anwendbar, wenn das |
63 | Unternehmen durch eine deutsche Niederlassung tätig wird. |
64 | Bei Datenerhebung und -verarbeitung im Inland durch ein |
65 | Unternehmen mit Sitz außerhalb der EU bzw. außerhalb des EWR |
66 | findet das BDSG hingegen Anwendung. [Fußnote: Anderes gilt |
67 | nach § 1 Abs. 5 S. 4 BDSG im Fall des „Transits“.] |
68 | |
69 | Gegenüber spezielleren Vorschriften des Bundesrechts tritt |
70 | das BDSG zurück (§ 1 Abs. 3 BDSG). Wegen zahlreicher |
71 | bereichsspezifischer Regelungen in anderen Gesetzen wird das |
72 | BDSG daher als Auffanggesetz des insgesamt zersplitterten |
73 | Datenschutzrechts angesehen. [Fußnote: Gola/Schomerus, BDSG, |
74 | Kommentar, 10. Auflage 2010, § 1, Rn. 14.] Beispiele für |
75 | Spezialregelungen sind das Bundespolizeigesetz, das |
76 | Bundeskriminalamtsgesetz, das Bundeszentralregistergesetz, |
77 | die Grundbuchordnung, das Personenstandgesetz, §§ 8 ff. |
78 | Handelsgesetzbuch und die Grundbuchordnung. [Fußnote: |
79 | Däubler/Klebe/Wedde/Weichert, BDSG, Kommentar, 3. Auflage |
80 | 2010, Einleitung, Rn. 73.] In gesonderten Vorschriften |
81 | außerhalb des BDSG ist auch der Datenschutz der |
82 | öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften geregelt. Im |
83 | SGB X (Zweites Kapitel „Schutz der Sozialdaten, §§ 67 ff.) |
84 | [Fußnote: Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – |
85 | Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) |
86 | in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2001 (BGBl. |
87 | I S. 130), zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. August 2010 |
88 | (BGBl. I S. 1127).] finden sich die datenschutzrechtlichen |
89 | Bestimmungen für den Sozialleistungsbereich. Sozialdaten |
90 | sollen nach der Vorstellung des Gesetzgebers einem erhöhten, |
91 | dem Steuergeheimnis vergleichbaren Schutz unterliegen. |
92 | [Fußnote: BT-Drs. 8/4022, S. 96.] Ergänzende Bestimmungen |
93 | für verschiedene Zweige der Sozialversicherung enthalten die |
94 | jeweils einschlägigen Bücher des SGB. |
95 | |
96 | Für das Internet von besonderer Bedeutung ist das |
97 | Telemediengesetz (TMG). [Fußnote: Vom 26. Februar 2007, |
98 | BGBl. I S. 179, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14. |
99 | August 2009, BGBl. I S. 2814.] Telemedien sind Waren- und |
100 | Dienstleistungsangebote im Netz unter Einbeziehung |
101 | redaktionell gestalteter Online-Angebote, ausgenommen jedoch |
102 | der Rundfunk. [Fußnote: Hoeren, NJW 2007, 801.] Für diese |
103 | Medien enthält das TMG Vorschriften über den Umgang mit |
104 | personenbezogenen Nutzerdaten (§§ 11 ff. TMG). Auch im TMG |
105 | gelten die Grundsätze der Zweckbindung, der Datenvermeidung |
106 | und –sparsamkeit. Den allgemeinen Datenschutzgrundsätzen |
107 | folgend ist auch im Bereich der Telemedien die Erhebung und |
108 | Verarbeitung personenbezogener Daten nur mit Einwilligung |
109 | des Betroffenen oder auf gesetzlicher Grundlage zulässig. |
110 | Zugeschnitten auf den Bereich der Telemedien sind in § 13 |
111 | TMG die Voraussetzungen für eine elektronische Einwilligung |
112 | geregelt. Über Daten, die für die Begründung, inhaltliche |
113 | Ausgestaltung oder Änderung des Vertragsverhältnisses |
114 | zwischen Diensteanbieter und Nutzer erforderlich sind |
115 | (Bestandsdaten), darf der Dienstanbieter nach § 14 TMG auf |
116 | Anordnung der zuständigen Stellen im Einzelfall Auskunft |
117 | erteilen, etwa zum Zwecke der Strafverfolgung, zur |
118 | Gefahrenabwehr, zur Terrorbekämpfung oder zur Durchsetzung |
119 | der Rechte am geistigen Eigentum. |
120 | |
121 | Telekommunikationsdienste sind hingegen solche Dienste, die |
122 | ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über |
123 | Telekommunikationsdienste bestehen, darunter nach |
124 | Vorstellung des Gesetzgebers auch Internet-Telefonie, |
125 | Internet-Access-Provider und E-Mail-Übertragung. [Fußnote: |
126 | BT-Drs. 16/3078, S. 13.] Der Datenschutz für die Teilnehmer |
127 | ist im Telekommunikationsgesetz (TKG) [Fußnote: Vom 25. Juni |
128 | 1996, BGBl. I S. 1120, geändert durch Gesetz vom 22. Juni |
129 | 2004, BGBl. I S. 1190.], insbesondere §§ 91 ff. TKG, |
130 | geregelt. Geschützt sind Angaben über persönliche und |
131 | sachliche Verhältnisse, u. a. Informationen über das |
132 | Kommunikationsverhalten, d.h. „wer wann mit wem von welchem |
133 | Anschluss aus telefoniert hat.“ [Fußnote: Robert, Beck’scher |
134 | TKG-Kommentar, 3. Auflage 2006, § 91, Rn. 12.] Das TKG |
135 | enthält Regelungen u. a. über Bestands- und Verkehrsdaten, |
136 | Entgeltermittlung und -abrechnung. |
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1.3.2 Einfaches Bundesrecht (Originalversion)
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