1 | Die „Leitlinien der OECD für den Schutz des |
2 | Persönlichkeitsrechts und den grenzüberschreitenden Verkehr |
3 | personenbezogener Daten“ (OECD Guidelines on the Protection |
4 | of Privacy and Transborder Flows of Personal Data) vom 23. |
5 | September 1980 [Fußnote: Vgl. Bundesanzeiger Nr. 251 vom 14. |
6 | November 1981.], bei denen es sich nicht um einen |
7 | völkerrechtlichen Vertrag, sondern um eine Empfehlung an die |
8 | Mitgliedstaaten der Organisation handelt, stellen einen |
9 | frühen Versuch dar, Datenschutz, freien Informationsfluss |
10 | und freien Handelsverkehr in Ausgleich zu bringen. Da neben |
11 | den EU-Mitgliedern u. a. auch die USA Mitglied der OECD |
12 | sind, waren hierbei europäische und US-amerikanische Ansätze |
13 | des Datenschutzes zu berücksichtigen. [Fußnote: |
14 | Kühling/Seidel/Sivridis, Datenschutzrecht, 2008, S. 36.] In |
15 | den Leitlinien wird zwischen „sensitiven“ und „trivialen“ |
16 | Angaben [Fußnote: Simitis, Kommentar zum BDSG, 6. Auflage |
17 | 2006, Einleitung, Rn. 186.] , von denen offensichtlich keine |
18 | Gefahr ausgeht, unterschieden. Letztere können von der |
19 | Anwendung der Leitlinien ausgeschlossen werden. Neben |
20 | verschiedenen Verarbeitungsgrundsätzen für den |
21 | innerstaatlichen Bereich enthalten die Leitlinien |
22 | Empfehlungen zur Sicherung des freien Informationsflusses |
23 | zwischen Mitgliedstaaten. So soll etwa auf unangemessen hohe |
24 | Datenschutzregelungen, die den grenzüberschreitenden |
25 | Datenverkehr behindern, verzichtet werden. Der |
26 | Selbstregulierung wird gleicher Stellenwert wie der |
27 | (nationalen) Gesetzgebung eingeräumt. [Fußnote: Simitis, |
28 | Kommentar zum BDSG, 6. Auflage 2006, Einleitung, Rn. 198.] |
29 | Die Leitlinien gelten als „Indiz für die internationale |
30 | Verbreitung bestimmter Datenschutz-grundsätze“ [Fußnote: |
31 | Ennulat, Datenschutzrechtliche Verpflichtungen der |
32 | Gemeinschaftsorgane und –einrichtungen, 2008, S. 72.], die |
33 | jedoch weder völkerrechtliche Verbindlichkeit noch einen |
34 | hohen Schutzstandard aufweisen. Dessen ungeachtet sollen sie |
35 | jedoch auch dazu beigetragen haben, „den Datenschutz als |
36 | Gegen-stand internationaler Regulierung zu etablieren.“ |
37 | [Fußnote: Kühling/Seidel/Sivridis, Datenschutzrecht, 2008, |
38 | S. 36.] |
39 | |
40 | Das „Übereinkommen zum Schutz des Menschen bei der |
41 | automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten“ des |
42 | Europarates vom 28. Januar 1981 [Fußnote: BGBl. II 1985, S. |
43 | 538.] („Europäische Datenschutzkonvention“) begründet |
44 | hingegen rechtliche Verpflichtungen der |
45 | Unterzeichnerstaaten, einen bestimmten Katalog von |
46 | Datenschutzgrundsätzen einzuhalten und in nationales Recht |
47 | umzusetzen. [Fußnote: Nach Nr. 39 der Denkschrift können die |
48 | zur Umsetzung zu ergreifenden Maßnahmen neben Gesetzen |
49 | verschiedene Formen annehmen, wie Verordnungen usw. Bindende |
50 | Maßnahmen können durch freiwillige Regelungen „ergänzt“ |
51 | werden, die jedoch allein nicht ausreichend sind.] Dazu |
52 | gehört insbesondere die Einhaltung bestimmter |
53 | Verarbeitungsgrundsätze nach Art. 5 des Übereinkommens, die |
54 | zugleich einen Kanon der heute noch gültigen Grundregeln des |
55 | Datenschutzes darstellen. Personenbezogene Daten, die im |
56 | öffentlichen oder nicht öffentlichen Bereich automatisch |
57 | verarbeitet werden, müssen nach Treu und Glauben und auf |
58 | rechtmäßige Weise beschafft und verarbeitet werden. Die |
59 | Speicherung und Verwendung ist nur gemäß festgelegter, |
60 | rechtmäßiger Zwecke zulässig. Die Daten müssen im Sinne des |
61 | Ver-hältnismäßigkeitsgrundsatzes diesen Zwecken entsprechen |
62 | und dürfen nicht darüber hinaus gehen. Die sachliche |
63 | Richtigkeit der Daten, gegebenenfalls durch spätere |
64 | Aktualisierung, ist genauso vorgeschrieben wie die |
65 | Anonymisierung der Daten nach Zweckerfüllung. Das |
66 | Übereinkommen sieht weiterhin ein spezifisches Schutzniveau |
67 | für besonders sensible Daten (etwa über politische |
68 | Anschauungen oder Gesundheitsdaten) und bestimmte Rechte der |
69 | Betroffenen vor. Nach Art. 1 des Zusatzprotokolls |
70 | „betreffend Kontrollstellen und grenzüberschreitenden |
71 | Datenverkehr“ vom 8. November 2001 [Fußnote: BGBl. II 2002, |
72 | S. 1882.] sind unabhängige Kontrollstellen einzurichten, die |
73 | insbesondere die Einhaltung der in nationales Recht |
74 | umgesetzten Grundsätze für den Datenschutz gewährleisten |
75 | sollen. Sie nehmen ihre Aufgaben „in völliger |
76 | Unabhängigkeit“ wahr. Das Zusatzprotokoll beschränkt |
77 | weiterhin in Art. 2 die Datenübermittlung in Staaten, die |
78 | nicht Mitglied des Übereinkommens sind. Sie ist nur dann |
79 | zulässig, wenn im Empfängerstaat ein „angemessenes |
80 | Schutzniveau“ gewährleistet ist. Die Weitergabe der Daten |
81 | kann aber beispielsweise auch dann erlaubt werden, wenn |
82 | vertragliche Garantien von der zuständigen Behörde für |
83 | ausreichend befunden wurden. |
84 | |
85 | Das „Übereinkommen über Computerkriminalität“ (Cybercrime |
86 | Convention) des Europarates vom 23. November 2001 [Fußnote: |
87 | BGBl. II 2008, S. 1242, für Deutschland in Kraft mit Wirkung |
88 | vom 1. Juli 2009.] enthält strafrechtliche Mindeststandards |
89 | bei Angriffen auf Computer- und Telekommunikationssysteme |
90 | sowie ihrem Missbrauch zur Begehung von Straftaten, Vorgaben |
91 | zu strafprozessualen Maßnahmen zur Durchsuchung und |
92 | Beschlagnahme bei solchen Straftaten und Regelungen zur |
93 | Verbesserung der internationalen Zusammenarbeit |
94 | einschließlich der Rechtshilfe bei deren Verfolgung. |
95 | [Fußnote: Denkschrift (I. Allgemeines), BT-Drs. 16/7218, S. |
96 | 40.] |
97 | |
98 | Als datenschutzrechtliche Spezialregelung mit globalem |
99 | Anwendungsbereich kann der Beschluss der Generalversammlung |
100 | der Vereinten Nationen vom 14. Dezember 1990 über |
101 | „Richtlinien betreffend personenbezogene Daten in |
102 | automatisierten Dateien“ gelten. [Fußnote: Guidelines on the |
103 | Use of Computerized Personal Data Flow, Resolution der |
104 | Generalversammlung vom 14. Dezember 1990.] Die Richtlinien, |
105 | die jedoch ein niedrigeres Datenschutzniveau aufweisen als |
106 | die oben genannten Abkommen, haben lediglich den Charakter |
107 | einer Empfehlung. |
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1.1.2 Datenschutz in völkerrechtlichen Spezialregelungen (Originalversion)
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